Heft 
(1912) 20
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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in der Schloßstraße gemacht, die, als erste Straße angelegt, bestimmt war, Aussicht aus dem Schloß nach dem Granewald zu gewähren. Hier stand als stattlichstes Gebäude (an Stelle der heutigen Nummern 4 und 6) der Jägerhof. Etwas später erfolgte die Bebauung der Orangestraße. König h riedrich I. tat viel für die neue Ansiedelung. Er ließ Laternen aufstellen, schenkte reichlich Bauland, befahl, die früher durch die Jungfernheide führende Landstraße nach Spandau durch Charlottenburg zu legen, und be­wies seine Iluld gegen das junge Gemeinwesen, indem er sich zum Ehren­bürgermeister erwählen ließ. Friedrich Wilhelm I. griff den Gedanken seines Vaters bezüglich einer kürzesten Verbindung Charlottenburgs mit Berlin auf und erwog den Plan einer vom Brandenburger Tor in Berlin geradlinig bis zur Schloßstraße durchzulegenden Straße, die hier mit einem Triumphbogen schließen sollte. Aber der praktische König ließ diesen Plan schließlich zu­gunsten der Ausführung der Verbindungsstraße fallen, wie sie heute vorliegt, da die gerade Linie (heute durch die Bismarckstraße dargestellt) allzu weit vom Schloß ablenkte. Die praktische Natur des Königs gab Charlottenburg auch die Richtung auf die Bevorzugung der Ackerbürger und Gärtner als Ansiedler. Das kam bei der Verleihung von Äckern und Wiesen als Bau­land zum Ausdruck durch eigenartige Abgrenzung der Grundstücke, die bei schmaler Straßenfront sehr ausgedehnt und langgestreckt sind, um hier als Acker- und Gartenland benutzt zu werden. Damit hat der Plan von Alt Charlottenburg für immer eine Eigentümlichkeit erworben, die ohne Kenntniss des Zusammenhanges befremdlich anmutet. Auch wurde um diese Zeit das Dorf Lützow eingemeindet. Es ist nicht zu leugnen, daß der Fürsorge Friedrich Wilhelms I. Alt Charlottenburg seinen Wohlstand verdankt. Zu seiner Zeit anerkannt wurde das aber nicht, und zwar so wenig, daß der König, als die Bürger, unzufrieden mit der eingeführten Akzise, städtische Einrichtungen forderten, um nicht bloß dem Namen nach Stadt zu sein, in Zorn gegen die Stadt entbrannte und sie vorübergehend wieder zum Dorf degradierte. Friedrich II. bewährte sich gegen Charfottenburg als ein gütiger Landesherr; doch blieb auch jetzt, wie seit 1705, das Schloß un­bewohnt. Um diese Zeit wurde der Stadtteil um die Luisenkirche herum bebaut, die Berliner Straße mit guter Beleuchtung versehen und die Ansiedler in jeder Art gefördert. Bekannt und der sicheren Erhaltung im Andenken wert ist, daß Friedrich II., als er nach geschlossenem Hubertsburger Frieden nach siebenjähriger Abwesenheit nach seiner Hauptstadt zurückkehrte, zu­nächst unangemeldet nach Charlottenburg fuhr und hier in der Schloßkapelle als deren einziger Besucher dem Orgelspiel des herbeigerufenen Organisten in tiefer Ergriffenheit lauschte. Bewegte Zeiten waren dem Schloß Char­lottenburg unter Friedrich Wilhelm II. beschieden, der häufig hiei weilte und manche Neubauten am Schloß und im Park ausführen ließ, u. a. das sogenannteTeehäuschen, bekannt durch etliche spiritistische Sitzungen, deren Schauplatz es gewesen ist. Als Residenz des Königs erwuchsen der Stadt auch zahlreiche Verbesserungen und Verschönerungen, die Berliner und einige andere Straßen wurden chaussiert, dem Park große Pflege zu­gewandt. Besondere Liebe für Charlottenburg, für Schloß und Park, be­kundete Friedrich Wilhelm III. Der von ihm veranlaßte Bau des Mausoleums