38. (7. ordentl.) Versammlung des XX. Vereinsjahres. 3ß5
wohnern aber, den Liutizen werden furchtbare Dinge nachgesagt, namentlich betreffs der Art, wie sie die kriegsgefangenen Christen behandeln. Oft beschränken sie sich nach dem Aufruf nicht darauf, fliese zu enthaupten; vielmehr quälen sie sie langsam zu Tode. Sie schlagen ihnen Hände und Füße ab; sie weiden sie bei lebendigem Leibe aus, oder sie ziehen ihnen lebend die Haut ab. Die abgezogenen Kopfhäute der Christen benutzen sie zu einer Kriegslist: sie bedecken mit ihnen die eigenen Köpfe, sehen dadurch selbst wie Christen aus und können ihre Beutezüge in dieser Maskierung leichter machen. Die Köpfe und das Blut der getöteten Christen opfern sie ihrem Götzen Pripegala.
Um einen sicheren Boden zu gewinnen für die Beurteilung der Frage, wie weit diese Schilderung slawischer Unkultur etwa übertrieben sei, stellte der Vortragende die Hauptquellennachrichten aus der Zeit vom 10. bis 12. Jahrhundert über die kriegerischen Beziehungen zwischen Deutschen und Slaven zusammen. Das Ergebnis war, daß sich — mit alleiniger Ausnahme der originellen Kriegslist, die schwerlich der Phantasie des den Aufruf verfassenden Geistlichen entsprungen sein wird, — alles, was der Aufruf den Slaven nachsagt, auch anderweitig bis ins 12. Jahrhundert hinein belegen läßt, daß also der Aufruf höchstens darin übertreibt, daß er häufig vorkommende Einzelfälle als Regel hinstellt. Freilich darf zur Vollständigkeit des Bildes nicht verschwiegen werden, daß die Deutschen — wenigstens im 10. und 11. Jahrhundert — in der Grausamkeit, mit der sie den Rassen- und Religionskrieg gegen die Elbslaven führten, ihren minder kultivierten Gegnern kaum nachstanden.
Die verschiedenen Arbeiten des Herrn Krabbo, die sich auf das 10. bis 13. Jahrhundert erstrecken, waren besonders im verflossenen Jahr für uns interessant wo es galt Vorstudien für Albrecht den Bär und das Pichelswerder-Festspiel anzustellen.
X.) August Wietholz: Geschichte der evang. Kirche zu Tegel von ihrer Gründung (um 1230) bis zur Gegenwart; freundlichst überreicht von u. M. Frau Gertrude Suttkus für unsere Bücherei. Gute quelleugemäße Darstellung jetzt besondes beachtenswert, wo ein neues Gotteshaus an Stelle desjabgebrochenen alten entstanden ist. Eine Aufklärung sei mir zu S. 5 gestattet, wo Verf. von dem Hexentanzplatz und der Findlingsumstellung auf der Insel Scharfenberg spricht. Die Blöcke sind zu meiner Zeit von u. M. Dr. Carl Bolle dorthin geschafft und kreisförmig aufgestellt worden, haben also^keinerlei altertümliche Beziehung.
XI.) Georg Aue-Führer durch den Dom zu Havelberg. Das kleine Büchlein, von u. M. Herrn Bahn, geschenkt ist zuverlässig und anregend. Vermißt wird eine Erwähnung des Aufenthalts unsers Pommernbekehrers Otto von Bamberg in Havelberg.