Entstehung und Ziele der Gesellschaft ffir Heimatkunde der Prov. Brandenburg. 27
ungeschichteten Diluviums, seine Beziehung zur Vereisung und Vergletscherung, wie auf die anorganischen und organischen Einschüsse beziehen, welche letzteren, Dank dem Spürsinn und Scharfsinn des Professors Dr. Alfred Nehring, in dem letztverflossenen Jahre aus der Gegend von Cottbus eine zum Teil bisher ganz unbekannte Tier- und Pflanzenwelt vor unseren erstaunten Augen erstehen lassen, der Interglazialzeit zugehörig, d. h. einer Epoche, welche vielleicht bis in das allererste Auftreten des Menschen hineinreicht, jedenfalls nicht mehr allzuweit von demselben entfernt zu liegen scheint.*)
Auch die Betrachtung der Gewässer wird für das Studium der brandenburgischen Heimatkunde fruchtbar sein, da zwei der mächtigsten Ströme Deutschlands, Elbe und Oder, unser Land in ihrem untern Laufe dnrchfliessen und dieses natürlich wie wirtschaftlich zu zwei Meeren, Nordsee und Ostsee, in enge Verbindung setzen.
Auf die klimatischen Verhältnisse sind diese hydrographischen Beziehungen, nicht minder die ungeheuren kontinentalen Flächen der Uralisch-Baltischen Tiefebene in unserm Osten von einer bestimmenden Bedeutung, welche in der Heimatkunde ebenfalls ausgiebige Berücksichtigung- verdient.
Es läge mir noch ob, der Pflanzenwelt zu gedenken, die in unserer Provinz viel anmutender und mannigfaltiger entwickelt ist, als im grossen Publikum gewöhnlich angenommen wird. Wir werden hoffentlich recht oft Gelegenheit haben, uns bei unsern wissenschaftlichen Wanderfahrten des Reizes der märkischen und niederlausitzischen Landschaft mit ihren lichten Laub- und dunkeln Tannenwäldern, mit ihren Wiesen und von klaren Bächen durchrieselten Auen und mit ihren spiegelnden Seen zu erfreuen. Der Redner nach mir, Herr Dr. Bolle, wird Ihnen gleichzeitig auch von unserer heimischen Tierwelt als berufenster Sachverständiger mit dem ihm eigenen poetischen Schwünge ein naturtreues Gemälde entrollen.
Der Ideengang führt uns von der Landesnatur von selbst auf die Landesbewohner. Auch hier ist das Bild dieses Gebietes ein belebtes, wir haben mit deutschen und slavischen Stämmen zu tliun und innerhalb der deutschen Besiedelung, wenn Sie, geehrte Anwesende, z. B. den verschlossenen und schweigsamen, starkknochigen, hochgebauten Uekermärker mit dem lebhaften, leichter gebauten Lausitzer vergleichen, mit grossen Verschiedenheiten, die sich auch im Dialekt, in Sitte, und Brauch, in Sagen und Ueberlebseln mannigfaltigster Art aussprechen.
*) A . Nehring: Ueber Cervus megaceros var. Ruffii (nach Herrn Stadtrat Ruff in Cottbus benannt!). Ges. naturf. Freunde. Berlin, 20. Okt. 1891, und ders.: Eine diluviale Flora der Provinz Brandenburg. Naturwissenschaft!. Wochenschrift. Berlin, 24. Januar 1892. — Nach einer mir am 30 März 1892 gewordenen mündlichen Mitteilung Nehring’s sind neue Funde in dem betreffenden schnell berühmt gewordenen zwischeneiszeitlichen Torflager von Klinge bei Cottbus gemacht worden.