Heft 
(1892) 1
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Dr. C. Bolle, Der Schwan in der Mark.

und andere reiche, wohlhabende Leute, die ihre Landgüter, Städte und Dörfer haben, befleissigen sollen. *)

So hielt man also von jeher den Schwan für ein privilegiertes Geflügel. Noch in meiner Kindheit war es in Berlin gang und gäbe, zu sagen: Schwäne und Fasanen darf nur der König halten.

Das Fleisch des Schwans ward genossen. Dasselbe galt umsomehr für ein Herrenessen, da es an sieh grob, schwärzlich und schwer zu verdauen, erst durch kunstreiche kulinarische Zubereitung, ganz wie dasjenige des Auerhahns, für die Tafel herzurichten war. Es wird in früh erschienenen Schriften ausdrücklich und nicht ohne einen Anflug unfreiwilliger Komik hervorgehoben, wie die Sicherheit des Schwans hauptsächlich darin bestehe, dass dereinfältige Laie nicht wisse, wie er solch Edelwildpret zuzubereiten habe, ob mit Speck und Kohl gekocht, ob sauer und süss etc. und es aus diesem Grunde als un- geniessbar verschmähe. Es gehöre auch auf solch an sichabscheu­lich Fleisch ein guter Trunk Wein, der dem armen Bauer nicht alle Tage vor den Mund komme. Übrigens war es Gebrauch, Schwanbraten kalt zu servieren. So, lesen wir, wurde er am Hofe Kaiser Karls V. neben dem Wildpret der Rohrdommel, neben Kranichsbrust und See­hundpasteten, ebenso auch an dem noch für barbarisch geltenden Hof­lager der Grossfürsten von Moskau aufgetragen. Es mag dies eine auf Erprobung des Wohlgeschmacks begründete allgemeine Fürstensitte gewesen sein. Der Chronist Beckmann indess sagt bereits:Die Märker aber halten dieses eben nicht für einen Leckerbissen.

Etwas derb realistisch drückt sich unser erster Gewährsmann, ein Polyhistor der Spätrenaissance, aus, nachdem von ihm erwähnt worden, dass Wildschützen den wilden Schwan auf Seen und Teichen schössen, indem er versichert,die zahmen werden sonstens gewürget.

Sie essen, heisst es weiter, nur Kräuter und Wurzeln, die am Wasser wachsen; darum kann man sie am besten da halten, wo aller- y lei Schilf, Geröhricht, langes Gras, Biesen, Schwertel, weisse fette See­blumen, die breite Blätter haben, die auf dem Wasser schwimmen und dergl. wachsen, davon sie am meisten ihre. Nahrung haben, sonderlich im Sommer. Eine ganze Aufzählung unserer Sumpf- und Wasserflora!

Wie Wasserwrasen bei sommerlicher Hitze erfrischend aufsteigt, haucht es uns aus dieser Schilderung kühl an. Etwa an eine Bucht des Schwilow oder des Tegeler Sees, wie z. B. insReiswerdersche Loch, dessen gigantische Schilfvegetation ein berühmter Afrika-Forscher**) uns gegenüber mit den Papyrus - Horsten des Bahr - el - Ghazal ver­glich, möchte man sich dabei versetzt glauben. Es überkommt uns

*) Colerus, Oeconomia niralis et domestica, Buch XIII, pag. 485.

**) G. Schweinfurth.