Dr. C Bolle, Der Schwan in der Mark.
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damit das Frohgefühl, möge der Erdboden noch so sehr verändert sein, an der Wasserwildnis, dem „Gebrüchig“ habe eine landschaftlich Vieles umwandelnde, oft veritiischönernde Kultur kaum erst zu rütteln gewagt. .
Der Fischerei wird der Schwan nicht geradezu schädlich, da er keine Fische frisst, wohl aber delektiert er sich am Laich derselben und macht sich dadurch bei Fischern sowohl wie bei Adjazenten geringerer Bildungsstufe verhasst, obwohl ihn der deutsche Fischerei-Verein, gegen so reizende und harmlose Geschöpfe, wie Eisvogel und Wasserstaar es sind, erbarmungslos vorgeheud, wohl nach dem Grundsätze dass nur kleine Diebe gehangen werden, von seiner Proskriptionsliste, auf der der Reiher obenan steht, stillschweigend fern gehalten hat. /"Wie sehr Fischlaich dem Schwan eine Leckerei sei, geht daraus hervor, dass er unter Anderem aus der Nähe jener flottierenden Krant- flösse, Kratzen g genannt, die zum Fang des zur Laichzeit als Aalköder gebrauchten Ikleis dienen, trotz energischster Verjagung nicht \ weichen will.
Eine fernere Lieblingskost des Schwans, der gleich der Gans grast, Schilfsaat abstreift und nach Wasserkraut voller Schnecken gründelt, besteht aus zarten jungen Rohrkeimen, die er, oftmals in grösserer Menge als er verzehren kann, entwurzelt und umherstreut. Kurios ist, dass er die sellerieartigen Knollen des stark giftigen Wasserschierlings (Cicuta virosa L.) ohne Schaden, vielmehr mit sichtlichem Behagen geniesst.
Einmal beim Kapitel der Untugenden des Schwans, mag die Bemerkung Raum finden, dass derselbe, zumal zur Brutzeit, das plebejische Geschlecht der Gänse, die sich unvorsichtig seinem Neste nähern, wütend vorfolgt, ja sie nicht selten durch Bisse tödtet. Nicht glimpflicher würde er mit Enten und Wasserhühnern verfahren, wenn nicht Behendigkeit im Schwimmen und geringere Grösse diese seiner Verfolgung leichter entzöge.
Seiner Schönheit zu Liebe, des sozialen Vorzugs, den er als Eigentum des Monarchen geniesst, zu geschweigen, mögen ihm diese kleine Sünden verziehen sein.
Fontane hat den Schwan ein Bild stolzer Freiheit genannt. Dass Gott erbarm’! Wohl klingt jener Ausdruck des nie genug zu verehrenden, in erster Linie heimatkundigen Dichters in hohem Grade poetisch und mag auch bei flüchtiger Bekanntschaft als verdient gelten, möchte indess für den Wissenden schwerlich ernst gemeint zu nehmen sein; er erscheint diesem vielmehr wie bittere Ironie. Für den Singschwan mag er noch heut gelten, wenn dieser vom Menschen noch nicht an seinen Triumphwagen Gefesselte über den Brandungen Islands oder der Färöer durch die Lüfte segelt und zur Winterzeit baltische Meeresbuchten mit dem schwer-