Heft 
(1892) 1
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t)r. C. Bolle, Per Schwan in der Mark.

dreissigjährigen Krieges ihrer auf lange hin kaum noch gedacht worden sei. Schwaneneier mögen auf der Tafel eines Wallenstein oder Bannier nicht gefehlt haben. Noch öfter mögen sie damals auf den Tisch des armen Mannes gekommen sein.

Zur Stunde und schon seit lange genügt die Androhung leichterer Polizeistrafen zur Sicherung des Schwanenbestandes. Dennoch wurde noch vor Jahr und Tag auf einem See bei Zossen geschossener Schwäne halber eine Verurteilung wegen Jagd-Kontravention zu einer Strafe von 600 Mk., eventualiter 45 Tage Gefängnis verfügt. Auf ein Gutachten des Sachverständigen. Dr. Bodinus, hin erkannte indess in zweiter Instanz das Kannnergericht auf Freisprechung wegen Jagdfrevel, verurteilte dagegen den Angeklagten auf Grund von nebensächlicher Sonntags-Ent­heiligung zu 30 Mk. Geldstrafe,

Man siebt, dass das Publikum immer noch gut daran thut, die Schwäne mit einem gewissen Respekt zu behandeln.

Nur wenig Schlaf scheint der Schwan zu bedürfen. Wer, wie ich, am Wasser sein Heim hat, wird die Paare und Trupps in hellen Nächten fast zu jeder Stunde wach wahrnehmen können. Dann zumal vernimmt man auch als vertrauten Naturlaut die durchaus nicht schwache Stimme, welche in einigen wenig sonoren seufzenden oder stöhnenden Lauten, rasch hinter einander ausgestossen, besteht. Die Silben 0-ichh und A-hoi, letztere in leisem Trompetenton verklingend, geben dieselbe annähernd wieder. So wird der naturgeschichtliche Namestummer Schwan Lügen gestraft. Es ist daher sicher die hier allein uns beschäftigende Spezies Cygnus Olor, Vieill und nicht der glockentönende Singschwan, welche Ltukrez im Sinne hatte, als er die dieser Studie als Motto Vorgesetzte Strophe hinwarf.

Wie bleiche Scheinen durchfurchen zu nächtlicher Stunde unsere Schwäne das feuchte Element. Sie bieten dem Auge des Nachtschwär­mers vermöge ihrer im Halbdunkel verschwindenden, oder in der Finsternis aufleuchtenden'Contoure ein kaum minder fesselndes, ja noch märchenhafteres Bild dar als bei Tageslicht. Von Zeit zu Zeit er­schreckt plötzlich und unerwartet ihr lautes Plantschen im Wasser. Immer und immer wieder versenkt man sich in den Anblick einer so köstlichen Staffage unserer heimatlichen Flut, und immer wieder freut man sich über eine Zutraulichkeit, die wie der Wiederhall einer glück­licheren Urzeit, wie die Fortdauer einer sonst überall gestörten Brüder­lichkeit zwischen Tier und Mensch erscheint. Demgemäss sind auch unsere Schwäne entschiedene Lieblinge wenn nicht aller, so doch der meisten Bevölkerungsklassen, die Wonne der Einheimischen, die stau­nende Überraschung der Fremden. Vielleicht mehr noch als durch strenge \ erböte werden sie durch eine ihnen entgegengebrachte all­gemeine Sympathie geschützt und behütet.