Heft 
(1892) 1
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Dr. C. Bolle, Der Schwan in der Mark.

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Schloss Grunewald Schwanenmeister für die Strecke von der Pfauen­insel bis Pichelswerder sei: das Revier zwischen Potsdam und Sakrow aber unterstelle dem Ober-Inspektor Palm vom Jägerhofe, ebenfalls als Schwanen-Inspektor. Vom Potsdamer Bezirk aus verbreiten sich die Schwäne südwärts ins Nuthefliess hinein. Die Stadt Brandenburg liegt schon ausserhalb der eigentlichen Schwanen-Provinz.

Der Spandauer Bezirk, nordwärts bis Pinnow ausgedehnt und, da die Wanderlust der Schwäne sie selbst den Finowkanal besuchen lässt, auch hier noch nicht definitiv endend, hat 22 Jahre lang in Herrn Schubert einen ebenso fälligen und thätigen, wie allgemein beliebten Vorsteher besessen. Nach seiner infolge körperlicher Leiden erfolgten Verzichtleistung auf das Doppelamt eines Pritzstabels und Schwanen- meisters wurde Herr Gross - Fischereipächter Ernst Mahnkopf provi­sorisch mit dem Departement der Schwäne betraut. Seit Jahr und Tag fungirt als Pritzstabel, wenn auch bis heut noch nicht als Schwanen­meister, ein verdienstvoller früherer Seemann, Herr Witte.

Will man in betreff dieser Personalien auf eine vor sch über t- sche Periode zurückgreifen, so wäre anzuführen, dass der Vorgänger Schuberts Rösicke geheissen hat. Neben diesem bestand als Ano­malie, wie erzählt wird, eine zweite, dem Vernehmen nach usurpierte, aber glücklich und lange behauptete Autorität. Ein Einwohner des Fischerdorfs Tiefwerder war nämlich in die Funktion eines Vize - Pritz­stabels sozusagen eigenmächtig eingetreten und wusste dieselbe in seiner Person aufrecht zu erhalten. Zum Teil unbefugter Strenge halber das Wort schneidig war damals noch nicht üblich ist dieser Mann, mündlicher Überlieferung zufolge, an der Oberhavel weit und breit gefürchtet gewesen. Allerdings musste er es sich dafür gefallen lassen, von den Anwohnern der durch ihn überwachten Gewässer, die heut noch seinem unvergessenen Andenken wenig Liebe entgegen bringen, mit der Insulte eines zweifellos vorgermanischen Spottnamens, der Ikelpritz geheissen zu werden.

Selbst wo die Stunde drängt, wie eben jetzt, muss immer noch Zeit genug übrig sein, um einen Sonnenblick des Glücks festzuhalten. Wir wenden uns erinnerungsvoll, wenn auch nur halb so erinnerungs­froh wie wir möchten, zu einem Bilde nationaler Freude, in welchem den Schwänen, sei es auch nur als Statisten, eine wirkungsvoll dekora­tive Rolle zuerteilt worden war. Man schrieb den 1. Februar 1858, als Prinzess-Royal Viktoria, jetzige Kaiserin Friedrich, nach ihrer Ver­mählung mit unserem Kronprinzen über die Lauge Brücke ihren Ein­zug in Potsdam hielt, wobei eine zu Tausenden versammelte Menge dies freudige Ereignis jubelnd mitfeierte. Den Schmuck des Tages zu erhöhen, hatte man ganze Massen von Havelschwänen herbeigeholt und sie auf den Stufen der breiten Wassertreppe, die zum Lustgartenportal führt, postiert.