Heft 
(1892) 1
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Sitzung vom 22. Juni 181)2.

Erscheinung der weissen Frau im Schlosse zu Berlin zum Gegenstände der Darstellung hat. Unter dem Bilde findet sich in französischer, holländischer und deutscher Sprache folgender Bericht:

WahrhafftigeErzehlung wass sich hat zugetragen am FUrstelichen Hoffe des Churfürsten von Brandenburg zu Berlin.

GutgUnstiger Leser, weil ich von guter Hand flir gewis und wahr ver­standen habe, wegen ein wunder und seltsam Gesicht das in vollen lichten tag erschienen ist, mitten in des Rahtsversamlung, zu Berlin am FUrste­lichen Hoffe des Herren Churfürsten zu Brandenburg, im Monat December 1660. So habe ich nicht können nachlassen dasselbe Gesicht durch ein Kupferstück den gemeinen zum besten, ins Licht zu bringen, zu einer ewige gedächtnüss, so hat sich dann dieses also zugetragen: Auf den vollen Mittag, da die Churfürtliche Heim - Kaht beyeinander wahren, ist ein Weib ins weiss bekleidt erschienen, hat die Thür geöffnet, ist in das Sal hinein getretten ohn ein wort zu reden, die Herren Bähten, gar erschrecken und verwundert über solche arten, sagten zu einem Ritmeistcr der da zu mahl im Saal war, undt der nächste bey diesem Weib stund, Er solte sic auss- treiben, welches Er auch ins werck stellet; aber von stund an bekumt er von diesem Weib oder Geist eine solche maulschell, das Kr schier zur Erden fiele, damit ist dieses Weib von stunden an das Saal hinausgangen und hat sehr betrübte gebärden an sich mit ihren Händen gegen Himmel zu heben, die Händ zusammen zu schlissen, gemacht, welches einen grossen schrecken verursachte an dem gantzen Hoffe, dass sich ein unerhörtes Unglück möchte zutragen, wie dann an diesem Jahr 1661 am 12. Januar durch einen erschrecklichen Donder und Blitz die grosse Kirch unser lieben Fraven zu Berlin den Thurm hat angezündet, dass dasselbe fever beynahe unlöschlich war, das Wetter so grausam, dass sich die leuton meinten dass der Jüngste tag fürhanden währ. Der liebe Godt gebe das dieses zu einem Exempel möchte dienen, zur besserung und zur abstehung unsers sündigen Lebens, welches der güttige Godt auss genaden verleyhen wolle.

Der I. Beisitzer, Dr. Bolle, bemerkte zu diesem Bericht, dass derselbe ein ganz abnormes Verhalten des Hohenzollem'schen Hausgespenstes schil­dere, denn einmal ist das Auftreten eines solchen bei Tage ungewöhnlich, sodann ist das thätliche Eingreifen auffällig und endlich fehlt hier der Todesfall, welcher nach dem Erscheinen der weissen Frau in dem preuss. Königshause der Sage nach einzutreten pflegt. Das kommende Unglück ist hier mit dem Brande der Kirche und dem Unwetter abgethan.

10. Weiter cirkulieren noch 2 originelle Aquarell - Skizzen des Berliner Historienmalers Zimmermann, welcher 1820 hierselbst gestorben ist. Das eine Bild stellt ein Kosakenlager wahrscheinlich im Berliner Tier­garten aus dem Jahre 1813 dar, wobei die Baschkiren durch Körperbildung und Bewaffnung (Bogen und Pfeile) auffallen; das zweite giebt eine ironische Darstellung des Berliner Landsturmes, etwa in der Art des bekannten Bildchens, welches den Philosophen Fichte mit Pistolen und gewaltigem Schleppsäbel abkonterfeit.