Heft 
(1892) 1
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Die Wanderfahrt nach Brandenburg a. H

Iiof umgränzt. An den Wanden des Krenzganges sind zahlreiche Altertümer aufgestellt, unter anderen 12 Relieftafeln der Apostel und eine Bildsäule der Jungfrau Maria, alles aus Holz geschnitzt, weiter ein steinernes Taufbecken aus dem Jahre 1570, sodann mehrere alte GemÄlde und Grabsteine, unter den letzteren verdient einer wegen seiner Originalität erwähnt zu werden. Er trägt folgende Inschrift:

Aus Lehmen ist der Mensch, das lehret Gottes Geist,

Drum Leser willst Du noch nach Deinem Ursprung fragen,

So lass Dir nur hiermit durch meinen Namen sagen,

Dass Du sowohl als ich ein rechter Lehmann seist.*

Die Sakristei beherbergt 5 Kelche, von denen der älteste aus dem 14. Jahrhundert von vergoldetem Silber in der Höhlung seines Kusses einen Knochen des Apostels Paulus einschliesst.

Durch die Brüderstrasse kamen wir in die alte Ilauptstrasse, die heutige Steinstrasse, welche in früherer Zeit den Verkehr von Norden nach Rüden vermittelte; deshalb wurde sie im Nordosten durch den MUhlenthortunn und im Südwesten durch den Steinthorturm gedeckt. An der Ecke der Brttder- und Steinstrasse steht das ehemalige Carpzowsche Haus, dasselbe kehrt seine hohen gotischen Giebel der Strasse zu und trägt darin die Zahl 1563; früher besass es ein sehr schönes Sandsteinportal und eine ebensolche Fassade.

Wir bogen zunächst links ab zum Steinthorturm und zwar teilte sieh die Gesellschaft, während die eine Hälfte im Stadtpark das Frühstück ein­nahm, bestieg die andere den Turm. Derselbe ist aus Backsteinen errichtet und hatte ursprünglich zur ebenen Erde keinen Zugang, an seine Aussen- seite ziehen spiralig parallele Streifen in die Höhe, welche durch ein­gemauerte hellere Steine hergestellt sind. Der Turm hat 5 Stockwerke, von denen der unterste als Gefängnis diente, in den dicken Mauern führen schmale Treppen von einer Etage zur anderen. In den übrigen Räumen sind die ansehnlichen Sammlungen des historischen Vereins untergebracht und in dem altertümlich eingerichteten Mittelraum finden die Sitzungen des Vereins statt. Die schönsten Stücke sind an den Wänden angebracht oder sonst passend gruppiert. Herr Dr. Grupp machte den kundigen Erklärer. Unter den Gegenständen mögen nur aufgeführt werden die Photographie der ältesten Urkunde der Mark aus dem Jahre 049, von der das Original im Domarchiv aufbewahrt wird, sodann das Modell der Marienkirche, welche bis 1722 auf dem Marienberge stand, und endlich das Modell zu dem gleich­falls abgerissenen Ehebrecherturme, welcher zwischen der Alt- und Neu­stadt stand und 1806 beseitigt worden ist. Der Turm wird gekrönt von einer Galerie, durch deren Schiessscharten man dioramaartige Ausblicke auf die nahe und ferne Umgebung hat. Bei der Erklärung der aufgestellten Gegenstände beteiligten sich ausser Herrn Dr. Grupp die Herren Riedel und York und mehrere andere Kundige, um welche sich immer schnell ein kleiner Kreis eifriger Hörer bildete, da es bei dem engen Raume nicht möglich war, die Gesellschaft zu konzentrieren.

A sdann folgte die Besichtigung der St. Katharinenkirche; wir näherten uns derselben von Süden her, so dass wir zuerst den Blick auf den pracht­vollen Giebel hatten. Dieser reich verzierte Giebel, der durch seine durch-