Pie Wanderfahrt nach Brandenburg a. H.
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brochene Arbeit einen einzigen Anblick gewährt, macht die Kirche zu dem schönsten Backsteinbau der Mark. In den 148 Strebepfeilern sind Statuetten angebracht, von denen allerdings nur zwei, die der heiligen Katharina und Amalberga, alt sind, während die übrigen erneuert sind. Die Kirche erhielt ihre gegenwärtige Gestalt durch den Baumeister Brunsbergh aus Stettin im Jahre 1401 , nachdem durch Ablassbriefe das Geld zu dem Bau aufgebracht worden war. Der unterste Teil ist aus behauenen Feldsteinen erbaut und stammt aus einer weit früheren Zeit. Der Reichtum an altertümlichen Gegenständen ist ganz ausserordentlich gross, deshalb mögen hier nur die auffälligsten erwähnt werden: so der Altarschrein aus dem Jahre 1474, dessen reiche Architektur mit Gold überzogen ist. Unter den Grabsteinen ist der der Familie von Schulenburg interessant durch den Reichtum an Figuren.' Das Denkmal stammt aus dem Jahre 1570 und stellt einen Ritter mit seiner Frau dar, hinter dem Ersteren knieen 4 Söhne und hinter der Letzteren 8 Töchter. In der Nordkapelle, der Fronleichnamskapelle, steht ein prachtvoller Taufkessel aus Messing aus dem Jahre 1440 mit den 12 Aposteln, der heiligen Katharina und der heiligen Amalberga. Am Fusse lagern Löwen, über denselben Lindwürmer mit gähnendem Rachen. In der Südkapelle, der Schöppenkapelle, ist ein kunstvoller Hedwigs-Altar aufgestellt, er zeigt die heilige Hedwig, rechts davon einen geharnischten Ritter und links den heiligen Rochus. Endlich sei noch erwähnt, dass um den Altar die von Friedrich Wilhelm IV. gestifteten, modernen Modelle zu den 12 Aposteln am Dom zu Helsingfors in Finnland aufgestellt sind; diese stören allerdings durch ihre Grösse und enge Aufstellung etwas.
Nach diesem reichen Genuss that uns die Pause wohl, welche durch die Wanderung bis zum Dom ausgefüllt wurde. Unterwegs kamen wir an dem neustädtischen Rathause vorüber, an dessen Frontecke der etwa 6 m hohe Roland steht; das Rathaus ist leider sehr ein- und umgebaut worden, so dass nur ein Giebel der Hofseite die ursprüngliche Bauart behalten hat und erst rückwärts von dem Molkenmarkt her gut zu sehen ist. Dem Rathause gegenüber, an der Ecke der St. Annenstrasse, ragt ein reich verzierter Giebel mit dem brandenburgischen Wappen empor; das Haus diente den Kurfürsten als Absteigeqartier. An der Grenze der Neustadt gegen den ältesten Stadtteil, den Dom, begegnen wir dem schon oben erwähnten Mühlenthorturm, er trägt, in einen Backstein eingegraben, eine lateinische Inschrift, welche besagt, dass derselbe im Jahre 1411 durch Martin Nikolaus Craft von Stettin erbaut worden ist. Die Oberhavel bildet hier ein breites, seeartiges Becken und teilt sich etwas oberhalb des Mühlendamms, so dass der Dom eine Flussinsel ist.
Auf der höchsten Stelle derselben erhebt sich die Domkirche, dieselbe ist 1165—1188 erbaut, aber häufig verändert worden. In der sogenannten Bunten Kapelle erkennt man an den Säulen die romanischen Kapitale, während in der Krypta die Kapitale teils mit Figurenreliefs teils mit Blumenornamenten geschmückt sind. Unter den Figurenornamenten ist der Wendenkrieger mit der charakteristischen Zipfelmütze und der Streitaxt, sowie der angebliche Albrecht der Bär und der Ritter vom Eidechsenorden zu er-