Heft 
(1892) 1
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Die Wanderfahrt nach Brandenburg a. H.

wähnen. Gegenwärtig wird der Dom durch den anwesenden Herrn Baurat Krzyzagörski renoviert, es ist dies eine sehr mühsame Arbeit, indem sorg­fältig ein Quadratcentimeter Putz nach dem andern abgekratzt und abge­waschen wird, bis man auf die darunter befindliche Malerei stösst. Die gröberen Arbeiten sind schon beendigt, weil sich Senkungen eingestellt hatten, so mussten g'anze Teile erneuert, andere durch Eisenstangen zusammenge­halten werden. Diese Arbeiten sind aber mit grosser Kunst durchgcführt worden. Da man noch an dem Werke thätig ist, so war der erhöhte Chor, zu dem eine Treppe von 22 Stufen in die Höhe führt, durch eine Bretter­wand abgeschlagen, so dass uns dadurch der Blick in die Höhe verloren ging. Unter die Sehenswürdigkeiten der Kirche gehört der Grabstein Adams von Königsmark. Derselbe ist mit einer grossen Anzahl von sorgfältig gearbei­teten kleinen Figuren ausgestattet. In den übrigen Teilen des weiten Domes sind wiederum eine grosse Zahl von Altertümern aufbewahrt z. B. eine An­zahl prächtiger Messgewänder, ein Kock mit den Insignien des Schwanen- ordens, in der Sakristei zwei Bücher mit vergoldeten Deckeln, das eine aus dem Jahre 1235, das andere aus dem 15. Jahrhundert, ingleichen mehrere groteske Reliquien.

Dem Dome gegenüber steht die Petrikapelle, diese ist nicht mehr im Gebrauch und stammt aus frühgotischer Zeit, sie ist ausgezeichnet durch ein sehr schönes Gewölbe mit zahlreichen kleinen bienenwabcnälmlichen Knppen.

Die Erklärungen in den Kirchen hatte Herr Baurat Krzyzagörski in vortrefflicher Weise gegeben.

Über den Grillendamm gehend, suchten wir nun die Altstadt auf und statteten unterwegs noch der alten St. Gotthardtskirche einen kurzen Besuch ab, deren ältester Teil aus der Zeit des Pribislaw stammt. Dann stieg die Gesellschaft durch die Gräben und Wälle, welche im Norden die Altstadt begrenzen, zu dem Restaurant Ahlerts Berg empor.

Es war hier im grossen Saale eine Tafel für uns hergerichtet. Zunächst erhob sich Herr Stadtrat Friedei und legte dar, dass die Gesellschaft für Heimatkunde sich die Aufgabe gestellt habe, allen Sonderbestrebungen der Provinz einen festen Halt zu geben; sie selber aber will von den ein­zelnen Vereinen lernen, und nirgends ist soviel Lernens- und Sehenswertes zu finden als hier, deshalb habe die neue Vereinigung ihre Schritte zuerst nach Brandenburg gelenkt. Wir Berliner fühlen uns immer als Branden­burger, wir folgen darin dem Vorbilde unseres erhabenen Kaisers, der sich selber Markraf von Brandenburg genannt habe. Unser erster Toast gielt deshalb nach gut deutscher, preussischer und brandenburgischer Sitte Seiner Majestät unserem Allergnädigsten Kaiser. Hierauf sprach Herr Bürger - me ister Hammer es aus, dass die Brandenburger beglückt und erfreut seien, unsere Mitglieder als Gäste zu besitzen; es wäre das ja eigentlich nicht das erste Mal, denn schon dreimal hätte der Berliner Geschichtsverein seine Schritte nach Brandenburg gerichtet; und aus den Anregungen des letzteren sei der Brandenburgische Geschichtsverein hervorgegangen. Die Bestrebungen des Brandenburgischen Geschichtsvereins und die der Gesellschaft für Hei­matkunde gingen Hand in Hand, und eine gute Freundschaft und treue Kameradschaft möge beide verbinden; die Gesellschaft für Heimatkunde blühe,