TTusitisches.
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rechts in deutscher Sprache gesetzt: „Herberge des Böhmischen Refor
mators Magister Johann Uns im Jahre 1414.“ Unter dem Medaillon - Relief steht: „Gewidmet von seinen Landsleuten.“ Der Magistrat von Konstanz hat die czechische Schreibweise IIus (statt Huss) angenommen. Als Schreibweise des Ortsnamens ist jetzt Konstanz (für Constanz) amtlich, auch reichspostalisch eingeführt.
Auf dem Brühl bei Konstanz erhebt sich über der Stelle, wo Hus und Hieronymus verbrannt wurden, ein Denkmal, der „Husen-Stein“ genannt, ein mächtiger, länglicher Geschiebeblock*) aus der Umgegend, mit Gletscherschliff und folgenden eingeineisselten Inschriften, auf der Nordseite: „Johannes Hus f 6. (14.) Juli 1415“; auf der Südseite: „Hieronymus von Prag f 30. Mai (7. Juni) 1416“; auf der schmalen Westseite: „Geholt von Hegne, errichtet 6. Oktober 1862.“ Hegne liegt am Untersee gegenüber der Insel Reichenau im Badischen, nordwestlich von Konstanz.
Wegweiser in czechisc.her Sprache erleichtern den Landsleuten des Hus den Weg nach seiner Richtstätte. Der Husen - Stein ist mit Immergrün und Epheu geschmückt. Das Gitter ist absichtlich in so weiter Entfernung aufgestellt, dass man nicht mit der Hand in die Pflanzung hineinlangen kann. Es hat auch keine Thür und ist so hoch, dass es ohne Leiter nicht überklettert werden kann. Ohne diese Vorsichtsmassrogeln würden die Pflanzen sicherlich als Andenken bald abgerupft und vollständig verwüstet werden. Trotzdem findet man fast stets czechische Visitenkarten von Besuchern auf dem Grün innerhalb des Gitters mit der Schrift nach oben liegen. Dieselben müssen mit grosser Ausdauer und Geschicklichkeit hineinpraktiziert werden.
Im Schloss Gottlieben, welches westlich nahe Konstanz liegt, in gräflichem Besitz sich beündet und neuerdings prächtig ausgebaut ist, wird der Kerker gezeigt, in welchem die beiden Glaubenszeugen in harter Haft gehalten wurden.
Das Gericht und die Verurteilung fand in dem damals noch romanisch stilisierten und im Beginn des 16. Jahrhunderts umgebauten Konstanzen Dom statt. Dort ist auch im Wesentlichen das Kostnitzer Konzil abgehalten worden; es ist daher ein nicht zu billigender wissenschaftlicher Bauernfang, wenn an dem 1388 erbauten Kauf hause angeschrieben steht, es sei dies der Konzilssaal. Jeder Fremde muss glauben, es sei dort das weltberühmte Konzil abgehalten und das Todesurteil des J ohann Hus gesprochen worden, während in dem allerdings an sich ganz merkwürdigen Kauf hause im Verlaufe der Kirchen-Versammlung von 1414—1418 nur zeitweilig das Kardinals-Konklave stattfand.
Der um das Rosgarten - Museum in Konstanz so hoch verdiente Ludwig Leiner hat wiederholt, aber wie es scheint, vergeblich auf diese Verschleierung der geschichtlichen Wahrheit aufmerksam gemacht.
Konstanz, im Juni 1892.
_ Ernst Friedei.
*) Vergl. meine Anmerkungen Bd. III S. 501 und 502 No. 3—5 zu meiner Ausgabe von Klöden’s „Die Quitzows und ihre Zeit. Berlin 1890. Aus Versehen steht dort S. 502 Zeile 22 „schwächlicher“ statt „mächtiger“ Geschiebeblock.