Heft 
(1892) 1
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Bericht über die Wanderfahrt nach dem Tegeler See etc.

mehr aber Inselufer umgrenzen. Darauf empfangt uns, einem breiten Strom vergleichbar, der stark befahrene Amt der Tegeler Fahrt, an der entlang Scharfenberg seine langgedehnte Uferlinie zu entwickeln beginnt. Es wartet des Unkundigen hier eine Überraschung wirkungsvollster Art. Wo unfern der Marina gründe besagter Örtlichkeit die Strandpnrtien sich anscheinend vollkommen schliessen wollen und den Seefahrenden sich der Weg zu versperren droht, drängt sich die Wasserstrasse, an dicht umschatteter Häusergruppe vorbei, durch die schmale, vermöge eines Aalwehrs noch stärker beeinträchtigte Pforte derScharfenberger Enge, einerseits von der Insel, andrerseits durch eine weit vorspringende Landzunge gebildet. Nur wenige hundert Schritt weiter aber, da ver­ändert sich, wie vom Schlage eines Zauberstabs getroffen, das Bild. Die ungeheure Spiegelfläche des eigentlichen Tegeler See's enthüllt sich, ur­plötzlich erscheinend, vor unserem Blick.

Ja, hier schwellen die Fluten, schimmern die griingoldnen Wallungen doch ganz anders, als wir es bisher sahen. Man fühlt heraus, dass zu Zeiten dieser See berechtigt sei, dasselbe von sich zu sagen, was vom Gardasee so schön und poetisch ausgedriickt worden ist:

Fluctibus et fremitu resonans, Benaee, marino.

Heut jedoch lag sie friedlich und lächelnd um uns her, diese oftmals so zornig sich aufbäumende Seetläche. Noch ein Vorstoss an dem kleinen Lindwerder vorbei, welches der Berliner in die Kategorie der sogenannten Liebesinseln mit einrechnet, hinüber zum Beiher- und zum Hasselwerder, letzterer von demschwarzen Baum, einer enormen Kienfichte, überragt, und bis zur Malchebucht, da bricht angesichts von Dorf Tegel, welches malerisch den fond du lac abschliesst, unter unserer Argonautenschaar die Meinung sich Bahn, es sei beidie Hitze und bei dem aus solcher resultierendem Durste, nun hohe Zeit umzukehren und einen gastlichen Port aufzusuchen.

Nichts lag dem Kapitän unserer Barke ferner, als sich einem solchen Plebiscit zu widersetzen. Noch eine Viertelstunde des Schaukelns auf sanftbewegter Wasserbahn, noch ein Blick auf die schlossähnlichen Bauten der jenseits am Ufer aufsteigenden Wasserwerke unserer Stadt und das zweitnächste Ziel des Ausfluges, mehrmals schon gesehen, ist erreicht.

So erfolgte denn zu schon ziemlich vorgeschrittener Stunde die Landung an der Fährstelle von Scharfenberg. Die Schilderung von dem was hier zu sehen nnd was hier sich zugetragen, möchte ich als zu sehr persönlich dabei beteiligt, gern einem Anderen übertragen. Da ich indes selbst den Historiographen davon machen soll und muss, so sei in aller Kürze bemerkt, dass die lieben Gäste hier teils unter schlichtem Dache, teils im Freien mit einer leichten Bewirtung vorlieb nahmen, deren Unvollkommenheit derjenige entschuldigen wird, der weiss, wie