Heft 
(1892) 1
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Briefkasten.

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können und vielleicht geliefert haben würde, wenn ihn der Tod nicht über­eilt hätte. Suworow war im siebenjährigen Kriege, wenn ich nicht irre, noch als Major mit den russischen Truppen in Deutschland. Die Kosacken hatten bei dem Berliner überfalle einen jungen schönen Knaben aus der Residenz mit sich fortgeschleppt, weil sie ihn vermutlich für den Sohn eines vornehmen Mannes gehalten hatten. Der Knabe weinte und konnte die wilden Leute weder verstehen, noch sich ihnen verständlich machen. Suworow fand ihn bei den Kosacken, sprach freundlich mit ihm und nahm ihn sogleich zu sich und hielt ihn so gut. als er ihn im Felde halten konnte. Der Knabe wusste so eben noch den Namen seiner Mutter zu sagen und die Strasse zu nennen, wo sie wohnte. Während der übrigen Zeit des Feldzuges sprach er ihm Geduld zu; sobald er aber ins Quartier gerückt war, schrieb er aus der Gegend von Königsberg nach Berlin der Wittwe ungefähr folgenden Brief: Liebes Mütterchen! Ihr kleiner Sohn ist bei mir in Sicherheit. Wenn Sie ihn bei mir lassen wollen, so soll es ihm an nichts fehlen. Ich will für ihn sorgen, und er soll wie mein Sohn sein. Wollen Sie ihn aber zurück haben, so können Sic ihn hier abholen oder mir schreiben, wohin ich ihn schicken soll. Ich bin ganz unschuldig, dass die bösen Kosacken ihn mitgenommen haben. Herr von Blankenburg versicherte mich, er habe selbst das Billet gelesen; und es ist schon ganz in dem gutherzigen, etwas barocken Tone des nachmaligen Suworow geschrieben. Es muss der jetzige Feldmarschall sein; denn so viel ich weiss, hat die russische Armee keinen anderen Suworow mehr.

Ist über diese Angelegenheit anderweitig etwas bekannt geworden? Insbesondere, was wurde aus dem Knaben? E. Friedel.

Briefkasten.

(Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt.)

Eine Moabiterin. Sie fragen, ob der NameMoabit in der That vonln terre maudite (das verfluchte Land) herkomme, wie Friedrich Nicolai, Fidicin und andere Forscher meinen? Nein! ist es an sich schon unwahrscheinlich, dass die nach langer schwerer Glaubensverfolgung bei uns gastlich aufgenommenen Vertriebenen (die sogen. Exulanten) ihrer neuen Heimat einen Schimpfnamen angehängt haben sollten; die Stelle Jesaias 10, ts erklärt zweifellos die Veranlassung des Namens.Lass meine Verjagten bei dir herbergen; Moab, sei du ihr Schirm vor dem Verstürer: so wird der Treiber ein Ende haben, die Verstörung aufhören, und der Übertreter ablassen im Lande. Dass sogar Herr Pfarrer Dr. Prochnow in der FestschriftZur fünfzigjährigen Jubelfeier der St. Johannis- Gemeinde am 24. Juni 1885, dargebracht vom Gemeinde-Kirchenrat dies thörichte und unerquickliche Gerede, das schlechte Spässehen von derterre maudite wiederum aufwärmt und nacherzählt, ist nur ein Beweis von der Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit, welche bei dergleichen in aller Eile