Bericht Ober ilie Sitzung im Jagdschloss Grunewald.
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später vermauert wur«le und erst im 2. Stockwerk, wo sie mit breiten Fliesen übenleckt ist, wieder zu Tage tritt, gab Veranlassung zu dem unbegründeten Gerüchte: Anna Sydow sei auf heimlichen Befehl in diesen Raum hinabgestossen und so dem Hungertode preisgegeben worden.
Eine andere Sage von mitternächtigem Spuk knüpft sich an die ehemalige Kapelle, in welcher die aufbewahrten Geräthschaften zu gewisser Zeit im tollen Reigen durcheinander wirbeln sollen.
Nach dem Tode Johann Georges lag das Schloss im „grünen Walde“ vereinsamt. Erst zur Zeit des Grossen Kurfürsten kehrte neues Leben in die verödeten Räume zurück, widerhallte im „grünen Wahle“, unter Hörnerklang und Rüdengehell, der scharfe Ritt des „grossen Nimrod“ — wie Nicolaus Peucker seinen fürstlichen Gönner besungen.
Reichhaltig sind die Gegenstände, welche hier an König Friedrich I. und an seinen der Jagd leidenschaftlich ergebenen Nachfolger erinnern. Auch bekundet auf der Turmkuppel die Windfahne mit der Jahreszahl 1706, dass damals am Schlosse bauliche Veränderungen (vielleicht auch die Vermauerung der Wendeltreppe stattgefunden haben.
Bekannt ist Friedrichs des Grossen Missachtung des Weidwerks, das er für ebenso vergnüglich hielt wie — das Schornsteinfegen. Er stellte «las Jagdschloss unter die Verwaltung des Jagdzeugumisters Schenk, desselben, welcher «lie Nachricht von der verlorenen Schlacht bei Kunersdorf nach Berlin überbringen musste. Nach dessen im Dachknopfe des Lynar’schen Gebäudes niedergelegten Aufzeichnungen wurde 1770 ein Teil des ansehnlichen Jagdzeuges, das bis zur Errichtung der Königlichen Bank auf dem „Jägerhofe“ sich befand, hier untergebracht. In jenem Jahre wurden auch die bereits erwähnten Kastanienbäume vor dem Jagdschloss gepflanzt.
König Friedrich Wilhelm II. und III. verweilten hier nur zeitweise; letzterer liess am Uferrande des stillen Sees ein Angelhaus unter dem Laubgrün der hohen Bäume errichten. Blicken wir auf das Jahr 1814 zurück, so wurden in den Räumen dieses Schlosses die zahlreichen patriotischen Blumenspenden niedergelegt, welche die hier passierenden Wagen mit der aus Paris zurückgeführten „Viktoria“ bedeckten.
Im Jahre 1828 wurden dann an Stelle der unter Friedrich Wilhelm I. eingegangenen Parforce-Jagden auf Rothwild, solche auf Wildschwein eingeführt. Am 17. November I8(i3 fand die Abhaltung der 1000. Parforce-Jagd statt, von denen 273 auf den Grunewald entfielen; und nachdem dann am 8. Februar 1878 mit Abhaltung der 1383. Parforcejagd zugleich die Feier des 50jährigen Bestehens derselben im Jagdschloss Grunewald festlich begangen worden, fand die Verlegung derselben nach Jagdschloss „Stern“ statt. So „wächst im Grunewald zu allermeist — eine Wurzel vom preussischen Reitergeist.“