Hob Dreiimlnnrrri'lü-f im Jagdschloss GrunewaM.
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mutung, die sich nur würde beweisen lassen, wenn der Figur irgend welche Attribute beigegeben wären, welche zweifellos auf den Fürsten deuteten, oder wenn historisch erwiesen wäre, dass er die in Verse gebrachten Worte zu seinem Baumeister gesprochen hätte, oder endlich, wenn sich eine Porträt-Ähnlichkeit nachweisen Hesse. Letztere ist nun sicherlich nicht vorhanden, denn die fragliche Figur hat eine ganz auffallend gekrümmte Nase, während die vorhandenen Portraits Joachims II. auf Münzen und Medaillen nichts auffallendes an der Nase erkennen lassen. Ferner fehlt jede historische Nachricht über den im Bilde verewigten Vorgang, so dass die fragliche Aufforderung, den kleinen Becher mit einem grossen zu vertauschen, auch auf einen andern als den Kurfürsten bezogen werden kann. Und schliesslich stempelt die etwas vornehmere Kleidung die dritte Figur auch noch nicht zum Kurfürsten, denn dieser Mann hat einen Zug mit Buntschuh gemein: die Tasche an der Seite.
Durch zeitgenössische bildliche Darstellungen ist beglaubigt, dass zu Anfang des 16. Jahrhunderts solche Taschen von Bürgern und Bauern getragen wurden. Die höheren Stände werden gewöhnlich im Mantel dargestellt, der etwa vorhandene Taschen verdeckt: wahrscheinlich aber trugen sie keine, denn das, was der Bürger hineinsteckte, konnte der Vornehme durch sein Gesinde tragen lassen. Vor allem wird der Kurfürst sich nicht mit einer solchen Tasche beschwert haben.
Noch bliebe zu untersuchen, ob man die Tasche bald an der rechten, bald an der linken Seite trug. Mir ist. nichts darüber bekannt. Aber wie die Antwort auch ausfallen möge, der Umstand, dass jeder von Beiden eine Tasche trägt, der eine rechts, der andere links, scheint darauf hinzudeuten, dass beide Männer demselben Stande angehören. Die vornehmere Kleidung des linken Mannes soll ihn vielleicht als eine zum Hofstaate des Kurfürsten gehörige Person bezeichnen. Der Kurfürst ist aber überhaupt nicht im Relief dargestellt, und damit belinde ich mich in Übereinstimmung mit Herrn Kustos Buchholz.
Auf Grund der gegebenen Deutung der Figuren lohnt es sich wohl, den Versuch zu machen, auch die dargestellte Scene zu enträtseln. Dabei haben wir zunächst folgendes in Betracht zu ziehen:
1. Das Relief ist an auffallender Stelle in einem neu erbauten kurfürstlichen Schlosse angebracht worden, also jedenfalls auf Geheiss des Kurfürsten.
2. Es enthält als Hauptfigur den Baumeister, Casper Theys.
3. Der Baumeister wird aufgefordert, den kleinen Trinkbecher mit einem Willkomm zu vertauschen.
4. Aus dem Gefässe soll ein ceremonieller Trunk gethan werden, und zwar vor einer grösseren Gesellschaft, in welcher das kleine Gefäss Anstoss erregen würde.