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Die Herkunft der Märkischen Fauna und Flora.
bestehen konnte. Auch jetzt reichen ja die Gletscher selbst bis in Gebenden mit gemässigtem Klima hinab. Wächst doch unweit des Aaregletschers Weizen und in Norwegen gedeiht ein Kornfeld nur 200 m vom Buerbni- gletsclier, ja kaum 3 km von demselben entfernt wird sogar Obst gebaut.
Audi als das Eis der Alpengletscher sowie das nordische Inlandeis zu schwinden begann, blieb die Temperatur des Bandes im wesentlichen unverändert. Die Veränderung des Klimas, welche den Rückgang der Eismassen bewirkte, bestand nicht in einer plötzlichen Temperatursteigerung, sondern in einer Abnahme der Niederschläge.
ln Xorddeuschland wurde durch das Abschmelzen der Gletscher der bis dahin als Grundmoräne unter dem Eise verborgene Blocklehm freigelegt: aus ihm entstanden durch die mannigfache Thiitigkeit des Wassers unsere Tlione und Sande. Das Begenwasser sowie das tliessende W asser der Flüsse zerstörte das ursprüngliche Aussehen des Blocklelnns; an manchen Stellen führte das Wasser langsam tliessend nur den feinsten Thonsehlamm fort: an andern Stellen, wo die Wasserbewegung schneller war, wurde nicht nur Thon sondern auch Sand fortgeführt und dann an andern Orten nach und nach wieder abgesetzt.
In diese Zeit, als das Stirnende des Inlandeises allmählich immer mehr nordwärts rückte, fällt die Entstehung des grossen Diluvialstromes. Die gesamten Wassermassen der grossen sannatischen Oentralsenke zwischen dem uralisch-baltischen und dem uralisch-karpatischen Höhen- zuge ergossen sich nach Westen mitten durch das norddeutsche Tiefland und mündeten schliesslich in die Nordsee. Die Weichselwässer wurden vermehrt durch die Oder, die Spree und die Elbe von Süden her, durch die Havel, den Rhin, die Dosse von Norden her: die vereinigten Wassermassen schnitten sich ein vollkommen einheitliches Flnsssystem in den Boden ein. Noch jetzt lässt sich das riesige Flussbett des Hauptstromes von Warschau nach Fordon und von da über Bromberg, Küstrin, Frankfurt, Berlin, Nauen und Ilavelberg bis Hamburg verfolgen.
Es bedarf keines Beweises, dass das gesamte norddeutsche Land eine vollkommen leblose Wüste war, so lange die Eisbedeckung währte. First als das Abschmelzen des Eises den Boden freigelegt hatte, konnte Pflanzen- und 1 ierieben auch hier sich wieder entfalten.
Die Pflanzen die den freien Boden zuerst in Besitz nahmen, wunderten aus den benachbarten auch während der Zeit der grössten Ausdehnung der Gletscher eisfreien Gebieten Mitteldeutschlands ein: es sind durchweg solche Gewächse, die jetzt Charakterptlanzen des hohen Nordens und der Alpen sind. Betula nana, Eedum pahistre, Salix myrtilloides, Kubus-Chamaemorus, Dryas octopetala, Empetrum nigrum, Scheuchzeria palustris.