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148 Moabit.
2. Nicht die Landeshauptstadt Berlin allein erfreute sieh einer „Icjend Mojabit“. Vielmehr an vielen anderen StHtten Brandenburgs kannte trüber das Volksgerede Mochavit und Mochaviter, abgekürzt im biblischen Anklung in „Moabiter“. Das sind Erinnerungen an eine Zeit, wo clas lieisen nach Berlin für einen Provinzialen ein Lebensereignis war und wo, wer dorthin kam, das abgelegene, verrufene Moabit ebensowenig wie das „Voigtlund“ besonders aufsuchte. Dazumal wussten nur wenige Provinzialen etwas davon, dass es auch bei Berlin eine Stelle „Mojabit“ genannt, gab, wilbrend jeder Betreffende sein heimatliches „Mojavit“ aus sich selbst herauskannte. Erst die Erbauung des jetzt wieder geschlossenen „Hamburger Bahnhofs“, des Zellengefüngnisses, der Ulanenkaserne machten im weiteren Umkreise der Mark den Namen „Moabit“ auch für Berlin mehr bekannt.
Mir ist der Name z. B. begegnet (bis zu 40 .Jahren zurUekgerechnct!) a, in Frankfurt a. Oder für Häuser oderabwllrts nahe einer Fuhrmanns- schenke (Dammkrug??) gelegen; b, in Kiistrin für das oderabwllrts gelegene Örtchen Bleyen; c, in Landsberg a. d. Warthe und überhaupt im Warthebruch sowie Kreis Oststernberg für Kolonien auf den sog. „BUrgerwiesen“. Noch Anfang der siebziger .Jahre begegnete mir in der Unterhaltung solche Bezeichnung, als Leute meiner damaligen Pfarrgemeinden Kriescht und Mauskow dorthin zu ziehen beabsichtigten und gleicher Zeit der mir befreundete Prediger Ilembd in Eulam - kürzlich in Brandenburg a. Havel als Superintendent an St. Pauli verstorben - die kirchliche Versorgung jener „BUrgerwiesen“ übernehmen sollte; d, in Zellin a. Oder tlir drei Wohnstiitten am Unterlaufe des Kuritzbaehes, dem sog. „Moor“; e, in Königsberg (Neumark i für Wohnstiitten am Unterlaufe der Rörike, speziell noch für die feucht gelegene Quandtsche „Neue Mühle“ im Gegensatz zu dem „rolligen“ = d. h. „sandigen“ „Krügers Grenzhof; f, in Mohrin und Butterfclde, Kreis Königsberg, für eine am See gelegene Mühle — damals, glaube ich mich zu erinnern, doch ist Irrtum möglich, dem Vater meines Schulkameraden Schulze, nomine „Stannnerschulze“, gehörig: g, in den Dörfern Beigen, Nordhausen, Gossow und rundum für die Moor-Kolonie Grüfendorf. Noch sehe und höre ich das neckische Lächeln des Herrn Rittergutsbesitzers Robert Krahmer auf Beigen, als er mir, seinem Hauskandidaten, den aus Griifendorf auf Hammelhandel herübergekommenen Schullehrer als „den Kollegen aus Moabit“ vorstellte! h, in Gröben, Kreis Teltow; wo der alte Lehrer Hoffmann die Bewohner des „Kietzes“ an der Saare mir schelmisch scherzend in der Einzelunterhaltung als „unsere Moabiter“ bezeichnete; i, vor allen in Potsdam.
In Potsdam benannte man „Mojabit“ verschiedene Stellen, insbesondere trug solchen Namen das Havelufer vor dem Berliner Thore. Das Wort „Moabit“ gab seiner Zeit viel Gelegenheit zu Scherz in meiner Familie. Es handelte sich um Grundstückskaufabsichten von Seiten des Vaters meiner Mutter, Kgl. Kammerdiener Lutzke, welcher das Havelufer vor dem Berliner Thore, bez. die Gegend gegenüber dem Mannorpalais, für seine Zwecke ins Auge fasste. Mein andrer Grossvater, Hofgärtner Haudtmann in Sanssouci, riet davon ab und mein auf dem College zu Berlin Ausgebildeter Vater, damals Lehrer der französichen Sprache auf dem Kadettenkorps, scherzte in bekannter Meise noch viele Jahre später über „Moabit, terre maudite“