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Moabit.
war es bei uns, den sieben item und titern der Bücher Mosis und Josua — als da sind Kananitcr, Ileviter, Hethiter, Amoriter, Girgesitor, Pheresiter, Jebusiter — nach Möglichkeit Eigennamen für Stadt- und Dorfbewohner nachzubilden. So z. B. liiess einer unserer Schulgenossen, der aus dem Oderbruchsdorfe „Zechin“ stammte, nie einfach „Zechiner* sondern „der Zechi- niter“. Selbst der grimme Gymnasialdirektor machte mir gegenüber in einer Horazstunde bei guter Laune gelegentich den Scherz „a ja so, Sie Zelliniter-, nämlich vom Orte „Zellin“ her. So sehr war die Namensverlltn- gerung „iter“ damals Volksbrauch.
Nun ist auch völlig klar, was es mit der Schimpf-Titulatur „vermooste Bande, bez. Kerle“ auf sich hat.
„Xante Strümp- freilich, d. i. der Jebildete Bärliner“ — Giggerl unsrer Jugendzeit — jene typische Spottgestalt, die sich nach dem altbrandcn- burgischen, insbesondre Potsdamer Mutterwitz mit Schnallenschuhen und Wadenstrümpfen wichtig thut und überall seine schnoddrige Zunge ohne Sinn und Verstand laut werden Hess; dessen Weisheit und Umblicksfllhigkeit aber nicht Uber Wadenhöhe hinaufging und niemals bis zum Kopfpunkt reichte: besagter Xante Strümp französelte sich aus .vermoost“ das Wörtlein „famos“ zurecht und wurde nun erst gar nicht daraus klug. Denn von Fa- mosität war bei den behäbigen Moabitern nichts zu spüren, weder im Berliner Gesichtskreis an der Unterspree noch sonstwo in der Mark. Besonders sich hervorthun für Mit- und Nachruhm war nicht ihr Fall. Jeder folgte für gewöhnlich, ohne es zu wissen, der Gellert’schen Kegel: „er lebte, nahm ein Weib und starb.“ Sie waren gut situierte, abgelegen wohnende Gras- und Viehbauern. Sie galten als „däsig“, d. i. denkfaul, hatten bei leichter Arbeit guten Erwerb, schafften viel „Moos“ — in diesem Falle-„Geld“ — und ihre Töchter, die „Moosbeeren“ oder „Moosröschen“ — spöttisch auch, namentlich von abgewiesenen Liebhabern „Moospogge-Sumpffroseh“ benamset — (woraus die Berliner sich wieder das unverständliche „ Mussbac ke“ zurechtradebrechten und erklärten: „Mädchen mit unsauberen, von Pflaumenmuss oder von Kuss geschwärzten Backen“) waren sehr begehrt, aber schwer zu erreichen von Werbern, die nicht gleichfalls „schwer wogen“.
Manch ein von diesen „Geldkröten“ ^tropisch „Protze“ d. i. = „Kröte“) abgewiesener Berliner und sonstwie städtischer Lumpacivagabundus tröstete sich mit dem für solche Heimkehr volksüblichen Gesänge:
„Meine Mutter hat gesagt:
Nimm Dir kene Wiesenmagd;
Nimm dir ene aus de .Stadt,
Ob se hundert Dhaler hat.
Die da die da die hinter dem Rücken befindliche
1 Wiesonbewohnerin)
Die hat blaue (alias: dicke) Fiisse!
Wiesen- Wiesenschaumkraut is nich süsse!“
V ard man den Grasbauern lästig, so schlugen sie ähnlich wie-Jsdie „Spurrkater“ d. i. die Bergwenden der Rollberge, mit Wagenrungen ihres- teils mit „Bäsbäumen“ = Heubäumen aus Kysterstämmen (wjsess) derb drein.