1G2 Per Kunstunterricht am Hofe des Gr. Kurfürsten von Pr. Georg Gnllnml.
nicht ganz ohne Zusammenhang mit seinem Vorgänger Georg Wilhelm, dessen Gemahlin Elisabeth Charlotte bekanntlich aus dem kunstsinnigen pfälzischen Kurhause stammte. Wie mit einem dichten Nebel, den kein freundlicher Lichtstrahl zu durchdringen vermag, so umgiebt das abfällige Urteil der Nachwelt die historische Gestalt Georg Wilhelms. Und doch sollten ihm, ungeachtet seiner politischen und sonstigen Sünden, als Menschen und Vater unsere Sympathien nicht vorenthalten bleiben. Denn aus den Geschichtsquellen ersehen wir, welche Sorgfalt der lange Zeit kränkelnde Fürst auf die Erziehung seines einzigen Sohnes, des Kurprinzen, verwenden Hess. Sie wurde nach seinen I 11 - struktionen zu Kiistrin, wie später in Holland, von •lotiann Friedrich von Leuchtmar, einem energischen, fein gebildeten Edelmann aus dem Herzogtum Berg geleitet. Leuchtmar, der eigentlich „von Kalkun“ liiess, stand der Praeceptor Jacob Müller zur Seite.
Zu den Lehrgegenständen des kurprinzlichen Unterrichts gehörte in Kiistrin auch das Zeichnen.*) Und gerade diese Beschäftigung scheint dem damals 8jährigen Knaben grosses Vergnügen bereitet zu haben. Denn Leuchtmar konnte im Dezember 1(>28 an den Hof berichten, dass der Prinz zum Malen viel Lust verrathe und sich tleissig darin übe; in anderen Studi's aber, so musste er wahrheitsgemäss hin- zufügen, gehe es trotz aller Mühe nur langsam. Wie natürlich für einen phantasiereichen Knaben die Schwierigkeit des mechanischen Lernens! Solchem Kinde feldt noch der feste Wille, den Geist so zu concentrieren, dass es gleichen Schritt halten kann mit der Verstandes- thätigkeit anderer Knaben, die nicht durch das Gaukelspiel reger Phantasie abgelenkt werden. Erst wenn sich mit den Jahren dieser feste Wille einstellt, dann entwickeln sich, wie von Raumer richtig bemerkt, „aus den langsam lernenden Köpfen oft die begabtesten Männer“. „Die Liebe zu den zeichnenden Künsten aber hat den grossen Kurfürsten durch das ganze Leben begleitet“.
Und dass Georg Wilhelm auch seines Sohnes frühentstandene Neigung für Antiquitäten gern unterstützte, erkennen wir daraus, dass er ihm kurze Zeit nach der Ankunft im Universitätsort Leyden, als Erwiderung auf ein Geschenk, welches in einigen indischen und anderen Curiositäten bestand, ein Kästchen mit seltenen Denkmünzen verehrte, das iudess bei Rathenow von schwedischen Reitern erbeutet wurde. Ferner suchte er das für die militärischen Studien seines Sohnes sehr wichtige geometrische Zeichnen dadurch zu fördern, dass er sich den Luxus nicht versagte, ihm die subtilsten mechanischen Instrumente in Leyden kaufen zu lassen. Folgende Stücke sollte der clevisehe Rentmeister Lucas Blaspiel für den Kurprinzen auswählen
*) Lelirer war Valtin Müller, vielleicht ein Verwandter jenes I’raeceptors Jacob M.