Heft 
(1892) 1
Seite
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170 Der Kunstunterriclit am Ilofe des Gr. Kurfürsten von I)r. Geory Galland.

Auf Jahre lmttc die kurfürstliche Familie im Oktober 1660 Abschied von Cleve genommen. Die Kurfürstin hatte sich zunächst von den Ihrigen getrennt und war nach dem Haag gefällten. Die Prinzen kamen am 6. November wieder in Merlin an. l'nd drei Tage darauf heisst es im Erziehungs-Journal:Umb 2 liatt der Chur Printz mit dem Kupfer­stecher angefangen zu reissen. Offenbar handelt es sich liier um einen neuen hehrer, der leider nirgends genannt wird. Der Unterricht schwankte zwischen zwei und drei Stunden wöchentlich, fand aber gewöhnlich nur zwei Mal, zur üblichen Xaclimittagszeit, statt. Ausnahmsweise ist am 16. und 19. Januar 1667 Vormittags vermerkt:statt des Dantzens ge­rissen. Anfänglich nahm ich an, dass es sich damals lediglich um eine Fortsetzung der früheren Feluingen handelte. Doch bald gewann ich die Ueberzeugung, dass der Kurprinz, wie später Prinz Friedrich, bei diesem ungenannten Kupferstecher das Kadiren, Atzen und Drucken von Kupferplatten erlernte. Unterm 2. März 1672 meldet nämlich Schwerin:Prinz Friedrich gezeichnet, auch etzliche Kupffer in seiner Kammer auff einer Kleinen presse gedriieket.

Wer war nun der Kupferstichlehrer der Prinzen:'

Wären die beiden Brüder Samuel und Konstantin Friedrich Biesendorf wirklich wie nemlich Nicolai behauptet, auch die Brüder jenes Ingenieurs Biesendorf, so könnte man wohl auf die Vermutung kommen, dass einer von ihnen damals bei Hofe unterrichtet«*. Ich habe imless ermittelt, dass Konstantin Friedrich erst im Jahre 1674 geboren wurde. Und also bleibt die Frage nach dem Kupferstichlehrer der Prinzen offen.

Am 6. Februar 1667 hatte Karl Aemil sein zwölftes Lebensjahr vollendet. Und seitdem finden wir im Journal fast täglich Zeichen­übungen vermerkt, was die Richtung der Ausbildung dieses b«*gabten Prinzen um so mehr kennzeichnet, als auch der Musikunterricht damals keineswegs vernachlässigt wurde. Selten genug liest manDer Kupfer­stecher ist ausgeblieben, so am 25. Januar 1667 und erst wie«ler am 31. Juli des folgenden Jahres. Einige Zeit darauf erlitt d«*r technische Unterricht durch die Uebersiedelung des Hofes nach Königsberg kurze Unterbrechung. Am 20. November zeichnete der Kurprinz hier ohne Anleitung. Tier Tage darauf heisst es:Umb 2 liatt der Uhur-Printz mit einem neuen Meister alliier angefangen zu zeichnen. Wer dieser Königsberger Lehrer war oder gewesen sein kann, vermag ich nicht einmal anzudeuten; er erhält im Journal gelegentlich (20. Nov.) den TitelKunst-Meister.

Die grosse Lücke, welche das Ins dahin so sorgfältig verfasste Journal bezüglich der Jahre 1669 und 1670 aufweist, verhindert uns leider, über den Fortgang der künstlerischen Studien der beidtm Prinzen in dieser Z**it Betrachtungen anzustellen. Was wir alsdann aus den flüchtiger werdenden Angaben des Tagebuches entnehmen, ist, dass der