Heft 
(1892) 1
Seite
188
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188 Der Kunstunterricht am Hofe des Gr. Knrfflrsten von Dr. Georx Galland.

in Rotstift, Federstrichen oder Silberstift bedeckt. Auf einem Blatte liest inan den Namen des prinzlichen Schülers in drei Versionen:

Carl Emile Charle Emile Carolus Aeiuile.

Aus alledem darf wohl geschlossen werden, dass dieses Heft sehr früher Entstehung ist und vielleicht um die Zeit der Uebersiedelung von Berlin nach Cleve (1665) benutzt wurde.

B. 11 ist ein stärkeres Buch in Kleinquart, solide in Schweinsleder gebunden. Das Titelblatt enthält die Abkürzung des kurprinzlichen Namens: C. rE. F. (Carl Aemil Fecit). Innerhalb des Buches ist ge­legentlich der scherzhafte Versuch gemacht worden, aus diesen und anderen Buchstaben Monogramme zu bilden. Die Übungen geschahen in der Weise, dass der Lehrer auf jedem Blatte etwas vorzeichnete, zuerst einfach umrissene Köpfe im Profil, dann solche in Vi Vorderansicht mit zunehmender Modellirung und wachsender Anwendung perspectiviseher Verkürzung, weiter Häuser, Dorfkirchen, Köpfe en face und kolorirt und endlich ganze Figuren in mehr oder minder complicirter Bewegung. Alles dies versuchte der Schüler zuerst blos nachzuziehen, später nachzu­zeichnen; doch auch hierbei fehlte es noch an dem nötigen Ernst. Das mechanische Nachziehen auf den ersten Blättern geschah in roten, blauen, gelben oder grünen Wasserfarben. Überall gab sich der mehr zum Spiel als zur wirklichen Arbeit geneigte Sinn eines noch unreifen Knaben kund, der manches Mal sogar zwischen den Zeichnungen seine eben er­lernten polnischen Vocabeln niederschrieb. Die Lehrmethode schlug in­sofern den richtigen Weg ein, als sie von einfachen Vorzeichnungen allmählig zu schwierigeren Dingen überging; nur hätte sie für den An­fänger einen weit grösseren Massstab der vorgezeichneten Formen wählen müssen.

Das nächste ebenfalls starke und in Schweinsleder gebundene Buch (B. 12) hat längliches Format und verrät eine etwas vorgerückte Stufe des zeichnerischen Könnens. Neben dem kurprinzlichen Wappen steht aut dem Titelblatte vermerkt:Am 17. aprilis 1667 ist dieses Buch bey- gelegt. C. iE. Auch hier bestehen die Übungen des Schülers zunächst darin, die \ orzeichmmgen des Lehrers mit Silberstift, bisweilen mit Wasserfarbe nachzuziehen. Von dem Eifer, den der junge Prinz gerade in jenem Jahre für das Zeichnen bekundete, geben namentlich die folgen­den Blätter einen ausreichenden Begriff. An einer Reihe männlicher Profilköpfe wird ihm \ erschiedenes, auf die Propositionslehre Bezügliches beigebracht und zwar durch eingezeichnete Dreiecke oder Parallellinien. Er überzeugt sich, dass die beiden Tangenten des Ohres, die einerseits nach dem Augenwinkel, andererseits nach der Nasenöffnung gezogen werden, parallel laufen, dass ferner die Mitte der Ohrperipherie mit der