Heft 
(1892) 1
Seite
189
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Der Kunstunterricht am Hofe des Gr. Kurf Arsten von Dr Georg Galland. 189

Kinnspitze und der Stirnmitte an den Haarwurzeln Eckpunkte eines drei­seitigen Dreiecks bildet. Weiter wird die Anlage von Schattenpartien durch Schraflirungen gelehrt; alsdann werden Füsse, Hände, Nase, Augen, Mund, Ohr und schliesslich verschiedenartige Köpfe in Stift und Kohle gezeichnet. Bestandteile der Landschaft und diese selbst, staffirt mit Mauern, Wasser u. dgl., bilden den Abschluss.

B. 13, ein dickes Zeichenbuch, hat etwas längliche Form und ist in braunem Leder gebunden. Folgende Abbreviatur ist, in Cfold vertieft, auf dem Deckel zu lesen:

C iE. M . V. C. Z B 1668,

d. h.: Carl Aemil Markgraf Und Churprinz Zu Brandenburg 1668. Hier findet sich auf dem Titelblatt das sauber kolorirte Monogramm des Prinzen mit dem Kurfürstenhut darüber. Jedes Blatt enthält links oben, in Kotstift, eine Vorzeichnung des Lehrers, und zwar eine mehr oder minder bewegte Figur im holländischen Geschmack der Zeit. Der Schüler copiert diese Figur ein, zwei oder drei Mal, wobei jede folgende Copie weniger gut gelingt und immer grösser gerät. Später tritt eine Abwechselung in den vorgezeichneten Motiven ein, und wir begegnen im Buche Pflanzen, Bäumen, Köpfen, Heitern, Häusern, Ruinen und selbst Festungsteilen.

Das nächste Buch (B. 57) enthält eine mit Pastellstiften ausgeführte Darstellung auf dem Titelblatt: Die mit Schild und Lanze bewaffnete Minerva auf einem Postament; auf dem Schilde sieht man das branden- burgische Adlerwappen. Diesem Buch fehlt die Jahreszahl, auch irgend welches Monogramm. Doch ist an der Urheberschaft des Kurprinzen nicht zu zweifeln. Es scheint unmittelbar nach B. 13 benutzt worden zu sein. Das Buch beginnt mit Frucht- und Blumenstudien in Kot- und Silberstift, während die späteren Zeichnungen Köpfe idealen und porträti- stischen Characters darunter augenscheinlich Versuche mit Bildnissen von Familienmitgliedern vorstellen. Da erkennt man u. A. an einem Beispiel die markigen Züge des kurfürstlichen Vaters, an einem anderen das erst begonnene Bildnis der damals kurz zuvor verstorbenen Kurfürstin Louise; beide erinnern an Marmorbüsten des Parkes zu Sanssouci*). Da glaubt man ferner das Selbstporträt Karl Aemils und den feinen Kopf seines Bruders Friedrich, in zwei sehr hübsch mit Kotstift und Estainpe ausgeführten Zeichnungen zu erblicken.

Auch B. 58 besitzt kein Monogramm, sondern lediglich das Datum Nr. 1668 den 21. September auf dem Titelblatt. Die Blätter enthalten Illustrationen aller möglichen belebten und unbelebten Gegenstände, die mannigfaltigsten Einzelheiten landschaftlicher, architectonischer und figürlicher Art, auch ganze malerische Scenerien. Die augenfällige Treff-

) Näheres in meinem oben eitierten Buche S. 148/9.