192 Per Kunstunterricht am Hofe de» Gr. Kurfürsten von Dr Georg Galland.
deren eine der Chur Printz, die andere Printz Friedrich gewonnen . . Alle diese „Schildereyen“ mögen Bildnisse der kurfürstlichen Eltern, der Geschwister oder anderer Verwandten gewesen sein.
Gern benutzte der Kurfürst vor seinen häufigen Reisen in entfernte Provinzen oder nach dem Kriegslager die Gelegenheit, sich einige Stunden ausschliesslich seiner Familie zu widmen, und dabei verehrte er «len Prinzen nicht selten ein neu gefertigtes Bildnis von sich, in der Hoffnung, dass ihnen dadurch die Trennung minder schwer fallen würde. Wie tief aber die Trennung von den Eltern beiden Prinzen in jungen .fahren zu Herzen ging, entnehmen wir aus verschiedenen Beobachtungen ihres trefflichen Erziehers. Als sich die Knaben in Cleve, am Abend des 10. Mai 1666, nach dem Abendessen, von ihrem Vater verabschiedeten, der in der folgenden Nacht nach Holland reisen wollte,gab es eineriihrendeScene, die sich später bei ihrem Abschied von Cleve und der Trennung von der Kurfürstin wiederholte. Am lebhaftesten aber schildert das Journal den Schmerz der Prinzen, als ihnen die unerwartete Nachricht von dem Tode ihrer zärtlich geliebten Mutter gebracht wurde. Sie brachen beide in ein herzerschütterndes Geschrei aus. Prinz Friedrich war der erste, der sich nach längerem Schluchzen zu fassen begann, um zugleich den Versuch zu machen, auch den älteren Bruder zu trösten. Doch dies gelang ihm nicht. Der Kurprinz wies andauernd jeden Bissen hartnäckig von sich und vermochte selbst zur Nachtzeit keine Ruhe zu finden. Oft belauschte ihn dann Schwerin und sah, wie er wachend, im Bette aufrecht sitzend, die Hände fromm gefaltet, im kläglichen Tone halblaut unter heissen Tränen den Namen der hochseligen Frau ausrief. Grade so tief traurige Begebenheiten lassen den Unterschied des Characters der beiden prinzlichen Knaben deutlich erkennen. Während Prinz Friedrich das kühlere Wesen und die Selbstbeherrschung der Oranier geerbt zu haben schien, besass Karl Aemil eine nervöse, heisshlütige, sensitive Künstlernatur. Liebenswürdig, einschmeichelnd und stürmisch in seinen Liebkosungen, wenn ihn das Gefühl der Dankbarkeit erregte, riss ihn in anderen Momenten die heisse Leidenschaft des Zornes zu ebenso masslosen Äusserungen hin.
Nicht selten war der Kurprinz gegen seine Umgebung hochfahrend, gegen einen seiner Lehrer unfolgsam. Ja, es kam vor, dass er einem nicht sofort Ordre parirenden Pagen mit gezückter Seitenwaffe drohte. In solchen Fällen folgte die väterliche Strafe mit jener, selbst in der nächsten Umgebung Friedrich Wilhelms geübten, Unnachsichtigkeit auf dem Fusse. Und die Furcht, auf die fürsorgliche Liebe seiner Eltern nur einen Tag Verzicht leisten zu müssen, war für das Ehrgefühl des prinzlichen Knaben unerträglich. Um so aufrichtiger trat daher die Reue ein, wenn ihm Schwerin in bewegten Worten vorhielt, wie sehr er sich durch sein übles Betragen „an Gott und seinen durchlauchtigsten Eltern“ vergangen habe. Dann säumte der Prinz nicht länger, alle diejenigen um Ver-