Heft 
(1892) 1
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Bericht über die 13 (4. öffentl.) Sitzung des I. Vereinsjahre«.

Über die älteste Nachricht betreffs branrietiburgischer Urnen-Funde tragt der II. Vorsitzende, E. Friedei, Folgendes vor.

Es ist ein weit verbreitetes Vorurteil, dass prähistorische Betrach­tungen erst eine Errungenschaft der allerneuosten Zeit seien. Indess, wenn wir anders unter der Vorgeschichte alle Schlüsse verstehen, welche von ausgegrabenen Gegenständen, über die keine schriftlichen Auf­zeichnungen bekannt sind, auf die Völker gemacht werden, welche diese Gegenstände verfertigten, so hat es schon in der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts vorgeschichtliche Betrachtungen gegeben. Der deutsche Gelehrte Agricola (eigentlich liiess er Bauer)*), den man nicht mit Unrecht den Vater der Mineralogie genannt hat, schreibt nämlich im siebenten Buch seines 104(5 erschienenen Werkesde natura fossilium (p. 329):In der Erde werden auch irdene Gefasse ge­funden.Sie werden alter an vielen Stellen ausgegraben, haupt­sächlich aber in Sachsen zu Fertesleben.In der Lausitz werden

sie bei der Stadt Liibben ausgegraben.und in Thüringen von

den Gutsverwaltern aus dem Seeberg. Das ungebildete Volk

Sachsens und der Lausitz ist der Meinung, dass diese Gefasse innerhall) der Erde entstanden seien, die Thüringer, dass Zwerge sie benutzt hätten, welche einst in dem ausgehöhlten Seeberg gewohnt hätten. In Wirklichkeit aber waren es Urnen, worin die alten Germanen, die noch nicht zum Christentum bekehrt waren, die Asche der verbrannten Toten bargen, da ja in allen denen, welche mit einem Deckel versehen sind, Asche, in einigen auch Kohlen, in einigen Hinge gefunden werden. Aber dass die aus Thüringen viel älter erscheinen als die aus der Lausitz, hat seinen Grund darin, dass diese lange Zeit nach jenen Christen ge­worden sind. Es sind aber nicht allein irdene Urnen in Thüringen ausgegraben worden, sondern auch steinerne nicht weit von Nordhausen, in welchen die Asche wegen des Terrains fast in Stein verwandelt war.

Dieser mir durch die Güte unseres Mitgliedes Dr. Louis Löwen­heim gewordenen Nachricht füge ich, unter Bezugnahme auf das von mir und Herrn Kustos Rudolf Buchholz in dem Monatsblatt, I., S. 66, mitgeteilte Citat aus Leonhard Thurneisser (geh. 1530 zu Basel, f zu Köln a. Rh. um 1596), hinzu, dass dies letztere aus dem Jahre 1570 stammen dürfte, da der berühmte Meister gerade damals die Lausitz und Mark Brandenburg auf ihre Bodenschätze hin durchforscht und dem Buchdrucker Johann Eichhorn zu Frankfurt a. O. den Druck seines WerkesPison oder von kalten, warmen, minerischen und

*) Georg Agricola (Bauer), geb. zu Glauchau 24. März 1490, gest. zu Chemnitz 21. November 1555. Sonstige Hauptschriften:de ortu et causis subterraneorum Basel 1546 und 1558;de re metallica, Basel 1661. SeineMineralogischen Schriften übersetzte Lehmann, 4 Bde., Freiburg i S. 1806 1813 und Schmidt denBergmnnnus oder Gespräche über den Bergbau, Freiburg i. S. 1806.