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Richter. Ist der seines Machtmittels beraubt, so wird er wie andere Menschen auch, ein sch lichter Mensch: mithin wird das S vor M „schlicht“ und nicht „schwach“ zu bedeuten halten.
(Seht man vom O nach links vor, so ist namentlich in Anbetracht der Eutstchungszeit der Figur in dem SN das ganze Wort „sin“, gleich dem heutigen „sind“, gegeben.
Wer wird wohl durch Verlust des Stabes oder besser dieses Stabes wieder ein schlichter Mensch ? Unsere Alten, in der Bedeutung von: unsere Vorsteher, unsere Amtleute, unsere Richter, oder wie die ins Englische übergegangene nietiersächsische Form sehr treffend malt: „ Aldermen“.
Nach meiner Lesart würde die Inschrift in der Sprech- und Schreibweise tles 15. Jahrhunderts lauten:
„Ense Ahlen sin ohne Weden slichte Menschen.“
An sich ist dieser Satz durchaus klar; er ist aber nicht verständlich — wenn man nicht gerade eine Spielerei annehmen will und dazu ist man ohne Weiteres nicht berechtigt - - an dieser Figur, die nur bestimmt gewesen sein kann, den Gerichtssaal in irgend einer Weise zu schmücken und zugleich symbolisch die Bedeutung desselben auszudrücken. Ich stelle mir vor, dass auf dem Gerichtstisch, vielleicht neben dem Kruzifix, oder an der W and über dem Haupt des Vorsitzenden auf hohem Postament die Bleifigur errichtet war, frei allem Volk erkennbar. — Solche Einzelerscheinungen muss man im Zusammenhänge mit anderen künstlerischen Erscheinungen desselben Zeitabschnitts betrachten, um das volle Verständnis dafür zu erlangen.
Äussere Wandelungen auf dem Gebiet der Kunst sind seither stets ein Ausfluss der veränderten Strömung im Geistesleben der Völker gewesen. Als die Menscheit anfing sich loszumachen von den Formeln eines zum Schematismus herabgesunkenen Mystizismus, erwachte auch auf anderem Gebiete ein neues Leben und es entstand was man in der Baukunst die Renaissance nennt. Auch Malerei und Skulptur feierten ihre Wiedergeburt. Eine Folge dieser freieren Regung — die letzte Folge war die Reformation — war die kräftigt 1 Entwickelung der Eigenart des Einzelnen und tliese Eigenart suchte sich zu bethätigen. I)ie Kirche war aber allmächtig und wenn in Deutschland tlie Inquisition nie zu einer nennenswerten Gewalt geworden ist, so hatte doch Jedweder Ursache im Ausdruck seiner Gedanken vorsichtig zu sein und nur sinnbildlich zum Vortrag zu bringen, was er als Ergebnis seines Nachdenkens zu verzeichnen hatte.
Ich erinnere in dieser Beziehung an die Anspielungen auf die damalige Verworfenheit der Geistlichkeit, welche in den sogen. Wahrzeichen mancher Bauwerke enthalten sind, z. B. Mönch und Nonne an der St. Sehaldus-Kirche in Nürnberg, die Fuchspredigt im Dom zu