Heft 
(1892) 1
Seite
237
Einzelbild herunterladen

('her vorgeschichtliche weibliche Handarbeit.

237

Rauschendorf in Urnengräbern gefunden; das eine Exemplar muss wegen des breiten, kantigen Öhrs ein Fragezeichen erhalten. Ein solches gebührt auch der daneben vorgeführten Knochennadel von Schönwerder, Kr. Prenzlau.

Die Nadeln von Rauschendorf und Schönwerder sind Eigentum des Märkischen Museums.

Aus den angeführten Beispielen gewinnen wir den Eindruck, dass die alten Märker in ziemlich guten Vermögensverhältnissen gelebt haben müssen. Es lässt sich aber nicht erkennen, ob das Vorkommen von Nähnadeln in Gräbern auf eine gewisse Kostbarkeit der nützlichen Ge­rätschaften zurückzuführen ist. Es bleibt eine offene Frage: ob man dem Todten die wertvollsten Dinge mitgab, die er einst sein eigen ge­nannt hatte, oder man ihn nur einigermaassenausstattete für die Wanderung ins Jenseits. Nach uraltem, in der ganzen Welt verbreitetem Volksglauben, der bis auf die heutige Stunde gültig geblieben ist, ist das Treiben des Todten eine Fortsetzung seines zurückgelegten Lebens. Wenn auch vereinzelt, so ist es auch heute noch z. B. in meiner Heimat Ustpreussen Gebrauch, ausser einem Kamm u. s. w. eine Nadel in den Sarg zu legen.

Herr Dr. Obst in Leipzig schreibt mir: das verhältnissmässig seltene Vorkommen von Nähnadeln in Gräbern hätte wol seinen Grund darin, dass Nähnadeln nur ausnahmsweise zu den Beigaben der Dabingeschie- denen gelegt sind.

Seite 25 heisst es bei Voss und Stimming:Die eiserne Nähnadel, welche wir in der jüngeren La Tène-Zeit in Gebrauch sehen, ist wieder verschwunden, und die ältere, bronzene wieder zur Herrschaft gelangt, jedoch mit dem Unterschiede von den Nadeln der älteren La Tène-Zeit, dass das Öhr, welches bei jenen in der Kegel in der Mitte des Schaftes angebracht war, bei dieser sich am Ende befindet.

Die sonderbare Einrichtung, dass das Öhr in der Mitte der Nadel liegt, sahen wir schon bei einer Knochennadel der bayerischen Höhlen­bewohner. Hier zeige ich Ihnen, geehrte Anwesende, Bronzenadeln aus Schleswig-Holstein und Dänemark, bei denen gleichfalls das Öhr mehr oder weniger in der Mitte sich befindet.

Die eine auf der Insel Sylt gefundene Nadel trägt noch den Über­rest des Etuis, in dem sie steckte.

Dies ist wol der geeignete Augenblick, eines sehr seltenen Stückes unter den Altertumsfunden, nämlich einer bronzenen Nadelbüchse samiiit Nähnadel zu gedenken, welche von La Tène (am Nordende des Neuen­burger Sees) stammt. Es ist ein höchst zierliches, mit vielen angehängten Ringen geschmücktes Döschen, das wol zu den Habseligkeiten einer ebenso fleissigen, wie sich an gefälligen Dingen erfreuenden Frau ge­hört hat.