Stimmen über Berlin und Potsdam vom Jahre 1787.
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demütig und sehnsüchtig dem Allerheiligsten zuneigt, während weiter ab 2 wendische Krieger stehen, von denen der Jüngere lebhaft auf einen resigniert blickenden Älteren einredet. Das zweite schildert die Huldigung der Brandenburger vor Friedrich I. Die Köpfe der Figuren tragen die Züge von den bei der Gründung beteiligten Persönlichkeiten, so erkannte jeder von uns in dem Ratsherrn neben dem Kurfürsten den Herrn Bürgermeister Hammer. Auf dem dritten Relief ist der Empfang der Salzburger durch ! Friedrich Wilhelm I. dargestellt. Diese Gruppe ist Siemering am besten gelungen, wenn sie auch historisch nicht treu ist, da die Kinder in Wirklichkeit zurückbehalten wurden, während hier ein 12jähriger Knabe sein kleines Brüderchen in einem Karren vor sich herschiebt und ein kleiner nackter Bube mit gierigen Zügen aus einer Schale trinkt, welche ihm die Tinzessin mundrecht hinhält. Das vierte Relief behandelt die Kaiserkrönung in Versailles nach dem Gemälde A. v. Werner’s, nur dass hier der Page t'die Züge Königs Ludwig von Bayern trägt. An den 4 Ecken des Denkmals stehen: Alb recht der Bär in Kettenpanzer und Eisenhaube, Kurfürst Friedrich I. in Ritterrüstung, der Grosse Kurfürst im Hermelin - Mantel und Kaiser Wilhelm in Kürassier - Uniform. Auf dem Sockel sind 3 französische Geschütze postiert, in deren einem Rohr schon jahrlang eine Meise nistet. Herr Bürgermeister Hammer hatte hier selber die Erklärung übernommen.
Von der Spitze des Denkmals aber blickten wir hinab in das alte Wendenland in weitem Umkreise; mag auch der Wald sich von der Stadt zurückgezogen haben, die grossen Züge der Landschaft sind noch immer dieselben; Fluss und See und dahinter die blauen Berge leuchten noch heute in denselben Farben, wie zur Zeit Königs Heinrich, als sie in der Geschichte auftauchten.
Damit war das Programm erfüllt, und wir promenierten nun langsam durch den Humboldthain und die Stadt zum Wilhelmsgai'ten, wo noch Zeit war zu einem kühlen Trunk. Herzliche Dankes- und Abscliiedswortc wurden nochmals gewechselt. Die Brandenburger Damen und Herren gaben das Geleite zum Bahnhof. Die schönen und lehrreichen Stunden, welche unsere Gesellschaft in Brandenburg verbrachte, werden noch lange unvergessen bleiben.
Stimmen über Berlin und Potsdam vom Jahr 1787.
Der „Teutsche Merkur“ vom Jahre 1788, 3. Vierteljahr, Seite 155—157, enthält folgende Notizen in einem Brief datiert:
Berlin, Jänner 1787.
„Der Weg von Berlin nach Potsdam ist nur 4 kleine Meilen lang, muss aber der königlichen Residenz wegen für 5 bezahlt werden. Er ist so schlecht, dass man sich nicht genug wundern kann, wie eine Strasse, die von allen in den preussischen Staaten am meisten bereist wird, die von der Residenz nach der Hauptstadt führt, und die der König selbst so oft passirt, nicht besser und bequemer angelegt wird. Man fährt in einem ganz sandigen Boden, und die Aussicht auf die