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Bericht über die Versammlung im Bürgersaale des Rathauses.
die in der Mark Brandenburg bis zum Ablauf der Völkerwanderung ansässig war, zu sprechen. Was er dieses Mal gab, wollte er als eine Art Einleitung zu der späteren Darstellung betrachtet wissen. Der Vortrag erscheint im Sonntagsblatt der Vossischen Zeitung, und wir müssen uns hier begnügen, die Ausführungen des Redners kurz zu skizzieren, wobei wir das Hauptgewicht auf die unsere engere Heimat betreffenden Partien legen.
Mit drei Ereignissen glaubte der Redner den Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte, gleichsam ihr Debüt auf dem Welttheater, bezeichnen zu dürfen: mit der Entdeckungsfahrt des Massalioten Pytheas, der um 325 v. Chr. Geburt von Massilia aus den Nordwesten Europas befuhr und dabei die germanischen Teutonen an der Nordsee entdeckte; mit dem etwa 50 Jahre später stattfindenden Zuge der Bastarnen, des ersten germanischen Volkes, das an die Tliore der alten Welt Einlass begehrend pochte und endlich mit dem 60 Jahre später unternommenen Zuge der Kimbern und Teutonen.
Von diesen drei Ereignissen berührt unsere engere Heimat, soviel wir wissen, nur das dritte, die tragisch endende Unternehmung der Kimbern und Teutonen. Jene waren nämlich nicht, wie man bisher allgemein annahm, auf der sogenannten kimbrischen Halbinsel, d. h. Jütland angesessen, sondern die Kimbern waren, wie sich aus den neuesten Forschungen Karl Müllenlioffs ergiebt, überhaupt kein geschlossenes, durch Verfassung, Glauben oder sonst seit langem verbundenes Volk, sondern mit dem Namen Kimbern, der keltischen Ursprunges ist und „Räuber“ bedeutet, war ein gewaltiger Haufe von Völkern bezeichnet, die an der Mittelelbe sassen, ein Haufe von Hermunduren, Cheruskern, Langobarden und Seinnonen. Semnonen aber sassen zu dieser Zeit hauptsächlich im heutigen Brandenburg, so dass also Bewohner unserer Provinz an jenem gewaltigen Versuch der Germanen, im Mittelpunkt der alten Welt Fuss zu fassen, beteiligt waren.
Aber die Mark Brandenburg hat an dem Urlebeu der Germanen» überhaupt einen viel grösseren Anteil als man gemeinhin glaubt. Darin gipfelten die folgenden Ausführungen des Redners, der nun die Vorgänge im inneren Germanien behandelte, die jenen drei Ereignissen vorauslagen und sie vorbereiten halfen.
Eine den sprachlichen Ursprung ins Auge fassende Betrachtung der deutschen Fluss- und Ortsnamen führt zu dem ethnographischen Ergebnis, dass einst die Grenze Germaniens nach Westen hin die Weser mit den an ihren Oberlauf sich anschliessenden Gebirgshöhen bildete, nach Osten hin die Oder. Wann dieses Gebiet bis zu den historischen Grenzen Germaniens, d. h. ostwärts bis zur Weichsel, westwärts bis zum Rhein, erweitert wurde, stellte der Vortragende an der Hand der Müllen-