Issue 
(1894) 3
Page
36
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

36

Bericht Aber die Sitzung im Bürgersaale des Rathauses.

Sachliche oder gar keine Glättung, etwas stärkeren Brand, schärfer pro­filierten Rand und namentlich durch rohe, flüchtig durch blosses Ein­ritzen hergestellte Verzierungen aus, bei denen wellenförmig gezogene oder schräg sich kreuzende 4-6fache Parallel-Linien oder Tupfen vor­herrschen. Als im 12. Jahrhundert die christlichen Bekehrer hier festen Fuss fassten, scheinen sie nicht allein religiöse, vielmehr auch kulturelle Missionäre gewesen zu sein, wie das schon auf sehr vielfachen Gebieten festgestellt ist. Ich erinnere dabei nur an den Gebrauch des Kalkmörtels, der bis dahin der hiesigen Bevölkerung unbekannt war, so dass steinerne Bauwerke in der ganzen wendischen und vorwendischen Zeit hier nicht errichtet werden konnten, und wenn es geschah, so war Lehm das Bindemittel, das aber im Lauf der Zeit durch Regen bald weggespült wurde. Vielleicht verdanken die Bekehrer ihre damaligen Erfolge auch wohl mehr der Einführung derartiger technischer Verbesserungen, als der von ihnen gepredigten neuen Glaubenslehre.

So werden sie auch das Volk gelehrt haben den Thon zu schlemmen, beim Formen in zweckmässigem* Weise die Töpferscheibe anzuwenden, das Trocknen des geformten Thons so zu leiten, dass er nicht berstet und endlich bessere Brennöfen herznstellen, in welchen die Gefässe eine Märte bis nahe zum Schmelz erhielten, so dass sie beim Anschlägen einen hellen Klang geben. Der neuen Scheibe entsprechend veränderte sich auch die Form der Töpfe. Der Boden wurde häufig abgerundet, die Ornamentlinien bildeten sich in ausgedrehte horizontale Riefen um, und die scharfkantigen Profile des Randes wurden abgerundet. Diese Töpfer- waare, welche in der Regel eine dunkelblaugraue Farbe hat, blieb etwa 2 Jahr­hunderte durch, im 12. u. 13., im allgemeinen Gebrauch, und Scherben dieser Art sind es, welche die ganze aufgeschüttete Landscholle an der Stadtmauer von Lychen durchsetzen. Da sie überhaupt einen Teil des aufgefahrenen Brandschutts bilden, so ist das Alter des letzteren mitbestimmt, und aus dem Befunde ergiebt sich, im Anschluss an die Funde am Verbindungs­graben die folgende Erklärung:

Die wendische Ansiedlung auf der Stelle von Lychen reichte vor­dem nach Norden hin nur bis an den Verbindungsgraben. Im Jahre 1245 wurde sie durch den Brandenburgischen Markgrafen von der da­mals einzigen Zugangsstelle über den Verbindungsgraben her nach hartem Kampfe erobert und durch Brand zerstört. Als der Ort nach dem Friedensschluss an Brandenburg kam, schickten die Markgrafen deutsche Kolonisten dorthin, die regelmässige Strassen mit Markt, Kirche, Stadt­mauer etc. anlegten, auch eine Vergrösserung nach Norden hin, über den Verbindungsgraben weg, Vornahmen. Der Brandschutt, soweit er den neuen Strassenanlagen im Wege war, wurde dabei beseitigt und auf die Stelle gefahren, wo wir ihn jetzt gefunden haben. Dem so angelegten neuen festen Platz gaben die Markgrafen im Jahre 1248 das Stadtrecht.