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Der Storch in der Mark.
wenigstens für die Mittelmark als vollzogen festzustellen. Auch für verschiedene Nachbardistrikte gilt das Gleiche. So habe ich z. B. in diesen letzten Jahren bei einer raschen Sommerfahrt durch ganz Neu- vorpommern nur zwei Stück dieser Vogelgattung zu Gesicht bekommen. Immer seltener wird die gute alte Sitte geübt, ein Rad oder etwas dein Ähnliches aufs Scheunendach zu legen, damit der Nestbau erleichtert werde. Sobald dies aber noch geschieht, belohnt, wenn nicht gleich, so doch nach nicht allzulangem Warten, das Erscheinen eines Storchpaares sothanes Entgegenkommen. Gern lässt ein Solches dann sicli im Vertrauen auf die Gastlichkeit der Stätte häuslich nieder und bleibt am Orte, nota bene, wenn fromme und getreue Nachbarn es nicht sofort abschiessen.
Reiseunglück auf hoher See oder in der Wüste, durch Sturm und Ungewitter herbeigeführt, muss ebenfalls unter den Motiven der Abnahme des Storchs mit in Betrachtung kommen; obwohl die. Meeresarme, die er auf seiner Wanderung zu durchkreuzen hat, für sein Flugvermögen eigentlich von irrelevanter Bedeutung sein sollten. Das Jahr 1857 ist als widerwärtiges Wanderjahr für ihn namhaft gemacht worden. Soviele ihrer sollen damals umgekommen sein, dass es Gegenden gab, wo man nach Fontane, alle 5 Meilen nur einen sah. Ferner haben in den sechziger Jahren häufig leergebliebene Nester gleiche Calamität ein oder zweimal als wahrscheinlich eingetreten annehmen lassen. So fällt also dem Menschen Lichtung der Reihen nicht allein zur Last, auch die Elemente tragen daran mit Schuld. Dies wird irnless von jeher geschehen sein. Die Natur hat dann die Verluste allmälig wieder ausgeglichen. Wo jetzt dagegen Mensch und Menschenfortschritt zerstörend eingreifen, erscheint die Gefährdung als eine weit ernstere. Was hilft es dem Storch, dass er mehr als andere Vögel Neigung zeigt, sich gegebenen Verhältnissen anzupassen? Es war eben eine einfachere Gesittung, die ihm für so vielen guten Willen gedankt und schon bei den Römern als avis natulis gefeiert hatte. Unser aufs Höchste gesteigerter, mit Härten aller Art durchsättigter Kulturzustand geht, wie über Anderes sich schwer Fügende, so auch über den Storch vernichtend hinweg und zeigt geringe Lust, den einstigen Gottesvogel als Gast oder Afteriniether ferner dulden zu wollen.
Man muss in der Mark die Havel westwärts überschreiten und ihrem Lauf bis zur Elbe folgen, wenn man noch in ein Storch-Arkadien eintreten will. Jenes Luch, das seinen Namen von dem Fluss der He- veller trägt, ist für den Storch noch eine wenig gestörte Heimat geblieben. Gleiches finden wir weiter stromabwärts in nordwestlicher Richtung. „Nirgend, schrieb mir einmal Stadtrat Friedei, habe ich auf märkischem Boden mehr Störche gesehen, als bei Lenzen, in dem westlichen Winkel der Rriegnitz an der Elbe, nah der hannoverschen und mecklenburger