Der Storch in der Mark.
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schmeichelt, statt der Victorien, der Walkyren, der Adler, die letzte Krönung ihres Capitäls einmal ein Storchnest sein werde?
Bis dahin aber, beruhigen Sie sich, meine Herrschaften, ist es noch lange hin.
Nachschrift.
Ein Storchereignis kurioser Art und von ganz frischem Datum wird mir soeben durch unser Ehrenmitglied, Professor P. Ascherson, mitgeteilt. Dieser Gelehrte, den seine botanischen Forschungen in die entlegensten Winkel Europa’s und Afrika's führen, besuchte neuerdings das ucker- märkische Städtchen Templin. Gleich manch anderer märkischen Stadt, hat dieser anmutige Ort überaus wohl erhaltene Reste mittelalterlicher Befestigungen aufzuweisen. Hoch oben auf einem Wartturm nistete ein Storchpaar, und zwar stand das Nest auf einer vor langer Zeit schon durch Holzwerk erneuten Bedachung. Das Unglück wollte, dass der Estrich derselben im April d. ,1. selbst die verhältnissmässig geringe Bast des Baues des Vogels nicht mehr zu tragen im Stande war, sondern vermorscht zusammenbrach. Demgemäss stürzte das neubezogene Nest, wahrscheinlich bereits Eier enthaltend, zwar nicht in bodenlose, aber doch in abgrundtiefe Beere hinab. Das brütende Weibchen, ein Muster treuer Mutterliebe, teilte diesen Sturz und war, am Grunde angekommen, ausser Stande sich aus schwarzem Burgverliess des schauerlich Hungerturm geheissenen Donjons wieder zu befreien. Man hörte es in dem geschlossenen Raum ängstlich rumoren.
Von lobenswerter Tierfreundlichkeit beseelt, beschloss die Einwohnerschaft von Templin, ihre langjährige Storchmitbürgerin coùte qu’il coùte aus so schlimmen Nöten zu erlösen. Da der Turm unten jedweder Thür ermangelte und allein in der Mitte eine gähnende Fensteröffnung besass, war ihm nur von oben beizukommen. Zwei unerschrockene Männer, einer davon Brunnenmacher — man erwäge dass der Storch mit dieser Zunft von jeher in Rapport steht, weil er aus einem Brunnen die Kinder holen soll — wollten sich erst am Seil in den Schlund hinablassen; es fand sich aber dass Leitern genügten.
Unten angekommen, fanden diese rettenden Engel indess, ganz wider Erwarten, bei der Störchin statt dankbaren Entgegenkommens energischen Widerstand. Erst nach Erduldung schmerzhafter Schnabelhiebe ihrerseits gelang das Werk der Befreiung.
Dem aufs Neue ans Tageslicht beförderten widerspenstigen Vogel sollte dafür eine Lektion nicht erspart bleiben. Ehe man ihn freiliess, um sich mit dem Gatten wieder zu vereinigen, wurde ihm mit Oelfarbe ein Ring um den Hals gemalt, dazu bestimmt ihn zu kennzeichnen und zugleich als Denkzettel zu dienen.
Die guten Herren von Templin vergassen nur dabei, dass gleich