Bericht über die Sitzung im Bürgersaale des Rathauses
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8. Der 2. Vorsitzende, E. Friedel, legt einen interessanten Bernstein-Fund,
welcher bereits i. J. 1890 gemacht und seitens unsers Mitgliedes des Herrn Rittmeisters von Wensky freundlichst dem Märkischen Museum zugewendet und dort im Kat. B. II. Nr. 21040 eingetragen ist, mit folgenden Bemerkungen zur Ansicht vor.
Das Fundstück stellt eine unvollkommen zugerichtete, plattovale Linse von ca. 11 cm längstem und 9,5 cm kürzestem Durchmesser vor, an der dicksten Stelle 2 cm hoch. Dieselbe ist konzentrisch durchbohrt und hat das Bohrloch, welches vielleicht durch einen Holzstab oder Knochen mit Hülfe von Sand und Wasser hergestellt ist, 1,5—2 cm Durchmesser, dasselbe ist doppelt kegelförmig mit der Verjüngung nach innen, ebenfalls schief und ungeschickt gearbeitet.
Bernstein-Fundstücke von dieser Grösse sind in unserer Gegend sehr rar und erscheinen selbst in ihrer eigentlichen Heimat Ostpreussen immerhin derartig selten, dass jedes einzelne Vorkommen sorgfältig eingetragen und veröffentlicht wird. Die Bernsteinlinse konnte daher unsern Altvordern ganz wohl als ein Wertstück gelten, wofür auch der Umstand spricht, dass dasselbe (auf der Feldmark des Ritterguts Wiese, Kreis Lübben) beim Zersprengen eines grossen Geschiebeblockes unter demselben gefunden wurde, ln dieser Meise nämlich versteckten die vorgeschichtlichen Bewohner gern wertvollere Sachen, wie zahlreiche Vorkommnisse beim Fortwälzen oder Sprengen grosser Blöcke gelehrt haben.
Dr. Richard Klehs hat sich in den Beiträgen zur Naturkunde Preussens, herausgegeben von der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg im Jahre 1882, in einer Abhandlung: „Der Bernsteinschmuck der Steinzeit von der Baggerei bei Schwarzort und anderen Lokalitäten Preussens aus den Sammlungen der Firma Stantien & Becker und der physik.-ökonom. Gesellschaft“ sehr sorgfältig mit dem Alter von dergleichen Bernstein- Schmuckstücken beschäftigt. Auf Grund mineralogisch-chemischer und archäologischer Untersuchungen gelangt Klebs, S. 66, zu der Annahme, dass die Steinzeit des Ostbalticums und mit ihr die Bernsteinarbeiten von Schwarzort sowie die verwandten Formen in dem ganzen Gebiete weit vor den Schluss*) der Hallstätter Periode, also ungefähr an den Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr., wenn nicht noch früher, zu setzen sind.
Nach der starken Denaturirung und Zersetzung unserer in magerem Lehmboden gefundenen Bernsteinlinse, welche eine graugelbe bvöekliche Verwitterungsschicht von 0,3—0,7 mm h at, der eine rötliche Schicht, dann der wachsgelbe Kern folgt, zu seliliessen, desgleichen nach der
*) Muss richtiger heissen: „weit vor den Anfang der Hallstattzeit fallen, denn in der Hallstattperiode kommt schon Eisengebrauch vor. Fr.