Heft 
(1894) 3
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MtlrkiscLe Ortsnamen.

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berg (946) und Brandenburg (949) wurde deutsche Kultur eingeführt, und als nach wiederholten Empörungen die Slaven endgültig im 12. Jahr­hundert von den Deutschen überwunden und mehr als andere Leibeigene gedrückt wurden, mussten sie sich allmählich aus allen einst innegehabten Dörfern zurückziehen und meistens mit den schlechtesten Gemarkungen vorlieb nehmen. So mussten sie ihre Höfe verlassen und sie deutschen Kittern und Bauern geben und froh sein, dass ihnen oftmals in geringer Entfernung vom alten Orte eine bis dahin wenig benutzte, oft schlechte Stätte zur neuen Niederlassung angewiesen wurde; so erklärt sich die Benennung Deutsch und Wendisch in unseren märkischen Ortschaften. Später ging Deutsch in Gross oder Sieden oder Nieder, das Wendisch in Klein oder Hohen über: Gross Beeren, Klein Beeren, Nieder Schön­hausen, Hohen Schönhausen, Deutsch Wusterhausen und Wendisch Wusterhausen, das jetzt Königs-Wusterhausen genannt wird, weil der König Friedrich Wilhelm I. diesen Ort zu seiner Jagdresidenz erwählte. Wendisch Woltersdorf, jetzt schlechtweg Woltersdorf (bei Erkner) ge­nannt, während das Deutsche Woltersdorf jetzt Waltersdorf (s. von Cöpenick) heisst. Neuendorf bei Birkenwerder wird erst im 16. Jahr­hundert Hohen-Neuendorf genannt zum Unterschiede von Nieder-Neuen- dorf, das havelabwärts im Osthavellande gelegen ist.

Während mm neue germanische Kolonisten ins Land zogen, die Orte, die früher im Besitze der Wenden waren, nun in deutsche Hände kamen und die Priester und Mönche, besonders die Prämonstratenser, eine rege Thätigkeit entwickelten, indem sie an Stelle der alten heidnischen Heiligtümer christl. Gotteshäuser errichteten, ging auch eine allmähliche Veränderung der 0 N vor sich. Im Munde der Deutschen erlitten diese oftmals gar arge Verstümmelungen, so dass das ursprüngl. Wort schwer oder gar nicht mehr zu erkennen ist. Wir sehen hier erstens, dass der slav. O N ins Deutsche mit jenen Veränderungen aufgenommen wird, welche die Lautlehre des Deutschen erfordert. So wird z. B. aus b ein f oder w, aus borce Förk, aus breznica Friesnitz und Wriesnitz oder aus s wird z: sedlice Zedlitz, oder s vor l wird zu sch slivin (von sliva Pflaumenbaum) zu Schlieben oder u wird zu au suhu (dürr) zu Zauche oder luza (Sumpf) zu Lause.

Zweitens kann an Stelle des slavischen Wortes ein ähnlich klingen­des bedeutungsvolles deutsches Wort eingesetzt werden. So wird z. B. ein Hügel Leisnig i. S. gegenüber Käse und Brod genannt, ein Name, der über Kesebrade auf kozì brdo (= kozaZiege, brüdoHügel) zurückgeht. So wurde aus dem mogylaHügel, auf dem die ersten Ansiedlungen in der kölln. Ralima (Acker) flur in Form eines slav. Rund­lings angelegt wurden, mogyla molyga molga molge Molke, und heutzutage reden wir nur noch von einem Molkenmarkt. Werfen wir nur einen oberflächlichen Blick auf die Karte unserer Heimat, so begegnet uns