Heft 
(1894) 3
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Märkische Ortsnamen. ß7

mit dem wend. weliki gross zusammen*); andere leiten es ab vom wend. welk, poln. wilk Wolf, woher auch der O N Wulkow.

Bei anderen O N ist der erste Teil ohne jeden Zweifel slavischen Charakters, wie z. B. Bensdorf, Biesdorf, Bliesdorf, Kaulsdorf, Nunsdorf, Schmetzdorf, Stansdorf, Tribusdorf, Tasdorf, Zehlendorf, Zühlsdorf, Zinn­dorf und Zernsdorf.

Interessant ist der Name Kunersdorf, der z. B. im O B Kreise im Landbuche von 1375 als Cunratstorf auftritt. Buttmann**) will ihn aber nicht mit dem P N Konrad, Kuno in Verbindung bringen; bedenkt man nämlich, dass sämmtliche Kunersdorf ohne Ausnahme in den slav. Provinzen Preussens Vorkommen (und zwar sechsmal im Reg.-Bez. Frankfurt, zweimal im Reg.-Bez. Potsdam, viermal in Schlesien), ausser­dem Kunern zweimal in Schlesien, Kunerwitz ebenda, und Kunewald in Mähren, ferner dass die Kiefer auf wend. chojza heisst, und davon ge­bildet chojna das Kieferreisig, und endlich dass das Kunersdorf nördlich von Senftenberg, unmittelbar an einer Kiefernheide gelegen auf wend. chojany heisst, so kann man mit Recht behaupten, dass auch alle übrigen Ortschaften gleichen Namens denselben Ursprung haben.

Die slavischen O N, die wir in der Mark in grösster Menge finden, sondern sich nun in zwei Gruppen; sie sind nämlich teils aus Appella­tiven gebildet, womit der Boden und dessen Eigenschaften, das Wasser, die Pflanzen- und Tierwelt, der Aufenthalt und die Beschäftigung der Bewohner und sonstige dem Orte anhaftende Zufälligkeiten näher be­zeichnet werden und teils aus P N, die ihren eigenen appellativen Charakter verloren haben.

Weitaus die meisten slav. O N, nicht blos in der Mark, sondern in allen slav. Ländern sind von P N abgeleitet. Ihre Bildung ist ausser­ordentlich mannigfaltig. Mit den verschiedensten vokalischen und kon­sonantischen Nachsilben werden die einfachen substantivischen oder ad­jektivischen P N versehen, ohne dass dadurch die Bedeutung beeinflusst oder geändert würde. Es bedeutet z. B. Bel, Beli, Bela, Belan, Belota, Belik, Belko, Belos u. s. w. ohne UnterschiedWeisse' Zusammen­gesetzte P. N. wie Boguslav, Pribyslav enthalten in ihrem zweiten Gliede stets ein Nomen, während das erste von einem Nomen, einer Präposition, der Verneinung ne oder zuweilen auch einem Verbum gebildet wird. Besonders die Nomina der ersten Gattung aber erleiden ähnlich wie dies bei den deutschen der Fall ist, eine Verkürzung im zweiten Gliede und sogar noch weitergreifende Zusammenziehung; so wird Bogu slav (von Gott Ruhm habend) verkürzt zu Bogus und Bos. (Pribyslav [dessen Ruhm sich mehrt], Naslav [ruhmvoll], Nemir [Unfried].)

*) Buttmann, Die deutschen Ortsnamen, Berlin 1856, S. 124.

**) a. a. 0. S. 95.