74
Märkische Ortsnamen.
Heiligen geweiht ist, wie der Cölner Dom, eine Verbindung mit Colonia am Rheine erkennen lassen.
Bei der Erklärung des Namens Berlin, zu der Reichl ausserordentlich schätzenswertes Material bietet, indem er wie bei Kölln alle bisherigen Ableitungen anführt, brauchen wir wohl nicht darauf zurückzukommen, dass der Name mit dem Ptolemäischen Virunum oder dem griechischen Peribolion (Tiergarten) oder einem keltischen Worte nicht das geringste zu thun hat.
Aber auch, wie Paul Cassel*) es wollte, aus dem Germanischen kann der Name nicht herrühren. Das deutsche Wald und Busch mit feuchtem, moorigen Boden bezeichnende Wort Brühl, das in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters als brolium, brollium begegnet, sei, so sagt dieser Gelehrte, zu brol, breil, brel slavisiert und mit der Endung in versehen worden, daher Brelin und mit umgestelltem r Berlin.
Aber, sagt Reichl mit Recht, aus brolium konnte wohl borlium, börlium werden, aber nicht börlinum wegen des fehlenden n, da Kon- sonannten nicht so leicht verschwinden, vielmehr als feste Überreste eines früher lebensvollen Körpers übrig bleiben.
Von den slavischen Deutungen, die hier bei dem zuerst 1244 auftretenden und genau so wie heute geschriebenen Namen Berlin versucht wurden, wollen wir nur kurz die von früheren Forschern versuchten deutschen Erklärungen geben: nimm Lehm, nimm Schleihe, Lehmboden, wüste, buschige Gegend, Mauserplatz, Ort wo den Vögeln die Federn ausfallen, am Berge.
Von den Erklärungen, die mehr Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen, seien hervorgehoben: 1) diejenige Heys a. a. O. S. 11, der Berlin wegen des männlichen Artikels (der Berlin) vom asl. bruleni, c. brlen, sorb. barlen Flossrechen, Flössholzfang ableitet, während er Börln bei Dahlen im Königreich Sachsen, das 1241 Burulyn genannt wird, als bor-ov-ljani = die Leute am Kiefernwald deutet, und 2) die von Busch im Allgem. Archiv f. Geschichtskunde des preuss. Staates, hsgeg. von Ledebur, 1834, S. 193 als bor rolina — Fichtenwald und Acker = Waldacker.
Reichl, der alle einschlägigen Formen zusammengestellt hat, findet in den ursprünglichen Mittelsilben unserer O N. nun das Appellativum role, laus. wend. rola, c. role, aslav. ralija (Acker, bebauter Boden); der Wurzel c. rol, wend. ral ist das Suffix in angehängt, das bei Bildung der Adj. possess. wie auch bei Bildung von Substantiven eine grosse Rolle spielt; daraus wurde das laus. wend. Adj. roliny, rolina, roline gebildet, und diesem schliesst sich das Subst. rolina an, welches eine zum Ackerbau geeignete Bodenfläche, Ackerland, Ackergrund bezeichnet.
*) Berlin, sein Name und sein Ruf. S. 24.