Heft 
(1894) 3
Seite
75
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Die Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie u. Altertumskunde. 75

In der ersten Silbe der verschiedenen O N. steckt die Präposition po, die die Richtung nach Zeit und Ort hin, sodann den Ort selbst, auf dem etwas längs hin vorgeht, bezeichnet: längshinauf, längs an; un­trennbar vor Subst. u. Adj. bedeutet es im laus. wend. die unmittelbare Nähe bei etwas oder enge Beziehung zu etwas. Berlin = Po Ralyne = Po ralynje bedeutet also längshin auf dem Ackergrunde, am Acker­grunde, am Ackerlande, am Ackergeläude.

Die Niederlausitzer Gesellschaft für Anthro­pologie und Altertumskunde

feierte am Sonntag und Montag den 16. und 17. Juli 1893 ihr Jahresfest in Sorau. Von Mitgliedern derBrandenburgia waren die Mitglieder E. Friedei, 2. Vors., K. Künne und P. Teige anwesend, dgl. vom Berliner Geschichtsverein H. Busse.

Der erste Tag war dem s Urnenfelde bei Droska u gewidmet, da nahe diesem Dorfe auf abgeholztem Heidegrund liegt, fast 400 Morgen um­fasst, also zu den grössten gehört, schon lange ausgebeutet ist und manches wertvolle Fundstück für verschiedene Sammlungen, u. A. für das Märkische Museum, ergeben hat. Die Ausgrabungen wurden von dem Vorsitzenden, Prof. Dr. Jentsch-Guben, Friedel und Busse geleitet. Die Gräber sind dort Steinhügelgräber mit 4 bis 5 Grüften; die Thongefässe sind vorwiegend von der Form der terrinenartigen Urnen und unter dem Rande mit parallelen flachen Einstrichen und mit zwei ösenartigen Henkeln versehen. So wenigstens die Gefässe, die bei dieser und einer nicht viel früher vorgenommenen Aus­grabung gehoben worden sind. Sie gehören in die Periode der ostgermanischen Gräberfelder mit ausgesprochenem Lausitzer Typus und werden in die Zeit von 800 bis 400 v. Chr. gesetzt. Bemerkenswert war namentlich darunter eins mit senkrecht durchbohrten Henkeln. Obwohl keine Bronzebeigaben, an denen auch dieses Lausitzer Urnenfeld arm ist, gefunden wurden, so hat doch die Sorauer Sammlung durch die Oeffnung der fünf Gräber eine will­kommene Bereicherung erfahren.

Am zweiten Tage früh besichtigten die Festteilnehmer zuerst die Alter­tümersammlung des Sorauer Geschichtsvereins im Königlichen neuen Schlosse. Diese überraschte durch ihre Reichhaltigkeit in Anbetracht der kurzen Zeit, die der Verein erst besteht, und erfreute durch die musterhafte Sorgfalt, mit der sie angeordnet ist und gepflegt wird. Daran schloss sich ein Rundgang zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, wobei am meisten die schöne, im gotischen Stil erbaute Ilauptkirche mit ihrer Gruft und ihren wertwollen Kirchengeräten fesselte.

Nach 10 Uhr wurde im grossen Saale desGoldenen Stern die Haupt­versammlung eröffnet. Nachdem der Vorsitzende, Prof. Dr. Jentsch, die

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