Heft 
(1894) 3
Seite
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76 Die Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie u. Altertumskunde.

Erschienenen warm begri'isst, die Sorauer Gegend nach ihrer priihistorischen Bedeutung charakterisiert und in Bezug auf die Ziele und Aufgaben der Gesellschaft, wie besonders auch für ihr Verhältniss zu den Nebenvereinen und den grösseren Gesellschaften, neue Anregungen gegeben hatte, ergriff zur Bewillkommnung der Künigl. Landrat Hänel von Cronenthal das Wort. Er ging davon aus, dass die Vergangenheit der Schlüssel zur Gegenwart sei, um auf die verdienstvolle Thlitigkeit der heute hier tagenden Gesellschaft hinzuweisen und gab seinem und der Sorauer regem Interesse lebhaften Ausdruck in einem dreifachen Hoch auf die Niederlausitzer Gesellschaft. Nicht minder herzlich hiessen im Namen der Stadt der Stadtrat Below und im Namen des Sorauer Geschichtsvereins dessen Vorsitzender, Dr. med. K ade, die Gesellschaft willkommen; die Grüsse des Märkischen Provinzial-Museums und derBrandenburgs überbrachte Stadtrat Friedel aus Berlin, die der Oberlausitzer Schwestergesellschaft deren Leiter, der Dr. phil. Feyerabend, denen allen der Vorsitzende in herzlicher Weise dankte. Der von diesem darauf erstattete Jahresbericht über die Thätigkeit der Gesellschaft, sowie der Kassenbericht des Stadtrat Ruff aus Kottbus fielen befriedigend aus.

Nachdem beschlossen war, dass die Hauptversammlung in Forst statt­linden solle, begannen die wissenschaftlichen Vorträge und Erörterungen. Lehrer Gander aus Guben beschrieb und deutete die Erntegebräuche in der Niederlausitz. Vornehmlich sind es zwei. Wenn die letzte Ecke abgemäht oder die letzte Garbe gebunden ist, heisst es überall noch:Nun wollen wir (soll der oder jener) den Hahn greifen, jetzt last nur noch eine Redensart, wobei höchstens noch so gethan wird, ehedem aber wirklich aus­geführt, indem man einen im Korn oder zwischen Garben versteckten Hahn losliess. Und dann wird noch auf den grösseren Güternder Alte gebracht, d. h. die wie eine menschliche Gestalt herausgeputzte und bekränzte letzte Garbe wird von den Schnittern und Aufbinderinnen auf den Hof gebracht und mit einem Spruch an die Scheune gestellt, damit der Alte auch da noch helfe und segne, wofür natürlich der Ilofherr den Leuten Sehmauss und Tanz geben muss. Der Vortragende zeigte, wie der Alte ganz unzweifelhaft ursprünglich ein segnender Saat- und Erntegott und jenes ein ihm dargebrachtes Dank­opfer gewesen ist, ohne sich dafür entscheiden zu wollen, ob man sich unter dieser Gottheit Donnar oder Wodan, auf den auch manches deute, zu denken habe. Den zweiten Vortrag hielt Direktor Dr. Weineck aus Lübben über die althergebrachten Feuer, die zu gewissen Zeiten, besonders zu Ostern und Johanni angezündet wurden und vielerorten in unserem Vaterlande und den Nachbarländern noch angezündet werden; die Johannisfeuer, ehedem auch in der Niederlausitz gebrannt, dem Osten, der Mitte und dem Süden angehörend, dort teilweise mit Walpurgisfeuern, hier mit Osterfeuern gemischt, die Osterfeuer in der nordwestdeutschen Tiefebene und den angrenzenden Mittelgebirgen, bis nach den Niederlanden und nach Nordfrankreich hinein allein und in ursprünglichster Weise gebräuchlich. Der Vortragende zeigte, dass die dabei üblichen alten, jetzt meist entarteten Gebräuche, wie der Gesang, der Fackelreigen, das Herabrollen von brennenden Rädern und Fässern, die Feuerkreise der geschwungenen Besen, das Überspringen des Feuers, ferner der vielerlei daran sich knüpfende Aberglaube, die festlichen Zeiten, die