Heft 
(1894) 3
Seite
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84 Bericht über die 4. (2. ausserordentliche) Versammlung des 3. Vereinsjnhres.

der Kirche herrschte in früheren Zeiten Unsicherheit; anfänglich wird sie als Nikolai-, dann als Katharinen-, schliesslich als Marienkirche be­zeichnet. Dies rührt her von den Altarbildern, welche Darstellungen aus dem Lehen dieser Heiligen enthalten. Die Kirche selber weist Sparen vier verschiedener Bauperioden auf. Es sind vier Schifte vor­handen, sodass das Hauptschiff seitlich zu liegen kommt. Die Sankristei ist der älteste Teil, sie ist romanisch, der Hochaltar rein gotisch. Diese Zeitepochen kommen weiterhin wieder in den Gewölben und in den Säulen zum Ausdruck. Die beiden seitlichen Schifte wurden vielleicht schon um das Jahr 1200 erbaut, und nachdem die Stadt im Jahre 1232 Stadtrecht erhalten hatte, wurde der Hochaltar in Angriff genommen, er konnte aber erst 1341 fertig gestellt werden, wegen der vielen Unglücksfälle, welche die Stadt lieimgesucht hatten. Die Orgel ist neu, die Kanzel ebenfalls, über derselben befindet sich ein schöner Schall­deckel. Vor dem Altar stellt auf einem Gitter ein grosses Christuskreuz, das nach der von Ewald aufgestellten, aber von Wernicke bestrittenen Ansicht die Jahreszahl 1220 in arabischen Ziffern trägt, neben demselben die Figur des sagenhaften Schäfers, der Bernau vor den Husiten er­rettete, in Wirklichkeit San Jago di Compostella, der Apostel Jakobus

mit Pilgerstab und Pilgermuschel. Das eigentliche Schmuckstück der Kirche ist der Hochaltar; er hat die Form eines Kelches, ist reich ver­goldet und stellt die Krönung der Maria zur Himmelskönigin dar. Die einzelnen Gruppen sind durch ein vergoldetes Geflecht von einander ge­trennt. Der Altar ist ein Flügelaltar mit doppelten Flügeln. Zum ersten Male aufgeklappt, schildern die Bilder das Leben Jesu von den Voreltern bis zur Auferweckung Her Toten, alle Bilder zeichnen sich

durch die grossartige, Erhaltung der Farben auf dem Goldgründe aus.

Wird der Altar zum zweiten Male herumgeklappt, so erscheint eine dritte Reihe von Bildern, welche Scenen aus dem Leben einiger Heiligen, darunter des St. Nicolas von Myra darstellen; diese Bilder wurden der Gemeinde an den Tagen des betreffenden Heiligen erläutert. In dem Raume hinter und neben dem Altar sind eine Anzahl von Gemälden aufgehängt, die teils biblische Scenen darstellen, teils Weihebilder und Porträts von Frühsten sind. Unter ihnen auch das Porträt des Chronisten Tobias Seiler. Vor dem Altar stand in der Nacht vom 17. zum 18 De­zember 1682 die Leiche Gustav Adolfs, vor welcher der damalige Probst Martin Strömann eine Gedächtnisrede hielt. Audi dessen Porträt ist unter den Bildern sowie das des letzten Frohstes von Bernau Hoppe, dessen Vater Bernau vor den Schweden bewahrt hatte.

Ausserdem besitzt die Kirche noch einen alten Kirchenstuhl mit eingelegter Arbeit (Intarsia), an dessen Thür eine merkwürdige Holz­schnitzerei angebracht ist, die einen laufenden Bär vorstellen soll. Die Sankristei beherbergt eine stattliche Reihe alter, schön gebundener Bücher