86 Bericht über die 4. (2. ausserordentliche) Versammlung des 3. Vereinsjahres.
bewahrt geblieben sein soll. Wir gelten sie mit den Worten des Erzählers wieder:
„Auf dem grossen Querbalken in unserer St. Marien-Kirche stellt neben dem Triumphkreuze eine Holzstatue mit feinem, intelligentem Gesicht, Schäferhut und Schäfertasche, und in der linken Hand eine Pilgermuschel.
Der Chronist Tobias Seiler sagt nichts über diese rätselhafte Figur. Die Sage aber erzählt darüber folgendes:
Vor dem Husiten-Kriege kam ein frommer Pilger nach Bernau, der von einer Wallfahrt nach dem heiligen Grabe zurückkehrte. Die Ber- nauer nahmen ihn gar freundlich auf, und dies bestimmte den Pilger, sich hierselbst eine bleibende Stätte zu -suchen. Er vertauschte seinen Pilgerstab mit dem Hirtenstabe und nährte sich schlecht und recht. Da draussen bei seinen Heerden flehte er oft:
Herr, schütz’ das liebe Städtchen Und gieb ihm recht Gedeih’n!
Mir aber woll’st Du zeigen,
Wie ich kann dankbar sein.
Wie nun die Husiten am 20 . April 1432 vor die Stadt rückten, kam es den Bernauern darauf an, sich mit dem Kurprinzen zu verständigen, der, wie es hiess, sich mit einer Heeresabteilung in Spandau befand. Der alte Pilger erbot sich zu diesem Gange. Sein Anerbieten wurde mit Freuden angenommen, und der Bürgermeister Hermann Liittke gab ihm einen schriftlichen Ausweis. Der Pilger rollte denselben in eine Wachskugel, die er im Notfälle verschlucken wollte, legte sein Pilgergewand an, nahm zu sich die Sachen, die er aus Palästina mitgebracht hatte und stieg in den unterirdischen Gang, der, wie es heisst, von der Stadtkirche nach der St. Georgs-Kapelle vor dem Mühlenthor führte. Glücklich gelangte er hier an und kam auch unbehelligt nach Spandau. Nachdem er hier seinen Auftrag glücklich ausgerichtet hatte, kehrte er nach Bernau zurück. In der Nähe der Kapelle aber wurde er von den Husiten gefangen genommen und vor ihren Feldherrn Cosca gebracht. Dieser fragte ihn:
Was führt Dich her in unsre Mitte?
P.: O Herr, nach frommer Christen Sitte Bin ich an meinem Pilgerstabe Gewandert nach dem heil’gen Grabe Und lenke heimwärts meine Tritte.
C.: Und zum Beweise?
P.: Fragt mich nach meiner Keise, —
Fragt Alles mich die Kreuz’ und Quer, —
Lasst zeichnen mich die heil’ge Stätte, —
Auch bringe ich manch Kleinod her,
Das wohl dem Held gezeigt ich hätte. — —
Ich bringe mit vom heil'gen Land