Heft 
(1894) 3
Seite
115
Einzelbild herunterladen

Kleine Mitteilungen.

115

folgt dann bei jedem einzelnen der Hunderte von Namen, soweit das zu er­möglichen war, seine Erklärung auf sprachlicher, geschichtlicher und geo­graphischer Grundlage.

Gewiss wird jeder diesen Darlegungen mit Interesse folgen, gerade weil sie fast durchweg mit der Schwierigkeit zu kämpfen haben, dass die Namen aus der frühen Zeit slawischer Besiedelung der Mark stammend, einer Sprache ursprünglich angehören, die längst verschollen ist, und dass diese Namen sodann im Mund der deutschen Ansiedler mitunter bis zur Unerkenn­barkeit auf den Weg sinnwidriger Anähnlichung an deutsche Wortklänge entstellt wurden.

Viel ergiebt sich aus den Namendeutungen über Landesnatur und Wesen der Bewohner unserer Mark während der ersten Hälfte des Mittelalters, also während der Slavenzeit. Wie in einem getreuen Spiegel erkennen wir die Bewaldung des Landraumes, seine Seeenfülle, die noch viel weiter als heute ausgedehnten Sumpfflächen (der Dorfname Lanke bewahrt fast noch genau den Klang des uralten Slawenwortes laka, mit nasaliertem ersten a, für Sumpf, während die mehrfachen Ortsnamen mit Luck, wie Luckau, Lucknitz, Luckenwalde, denjenigen Klang des nämlichen Wortes weiterführen, wie er im Spreewald und im sonstigen Wendisch der Niederlausitz noch fortlebt, nämlich luka). Häufiger als der Eiche (dub), begegnet man in der von den Wenden beliebten Taufe der Ortschaften nach ihrer Umwaldung der Buche (buk), noch häufiger der Birke (breza). Hauptsächlich aber beschattete wie heute Kiefernwald unseren Boden. Daher war bor (Wald oderHaide, wie sich dies alte Synonym für Wald noch so vielfach in der Mark erhalten hat, in Hasenheide, Jungfernheide u. s. f.) schlechtweg als Kiefernwald gemeint. Es ist dasselbe bor, das in vollkommen gleicher Bedeutung im Tschechischen fortlebt, in einer Anzahl märkischer Orts- (und daher auch Personen ) Namen, obschon deutsch maskirt, vorkommt, z. B. inBörnicke (um 1300: Bornecke), inBrandenburg (Brennabor) undMerseburg (Mezibor) sogar zu Burg verwandelt wurde.

Unser Verfasser neigt zum Glück nicht der früheren Unsitte zu, in den Ortsnamen wenn irgend möglich poetische Anklänge an die Mythologie zu wittern, ja einen ganzen Wenden-Olymp aus ihnen zu rekonstruieren. Beim Dorfnamen Wandlitz z. B. (mittelalterlich dreisilbig Wandelitz) lehnt er die Beziehung auf die altslawische Göttin Wanda ab, da von Giesebrecht und Hanusch durchaus nichts gefunden wurde, was an jener Stelle den Wanda- kultus bezeugen könnte, und schliesst sich vielmehr der Ausführung von Berghaus mit den Worten an:Die Wurzel des Namens ist in dem altpol­nischen Worte wada, dem neupolnischen Worte weda nicht zu verkennen, und dieses Wort ist unser deutsches Angel, Fischangel, ja das russische wanda bezeichnet eine eigentümliche Art Fischreuse und ein sackförmiges, von Garn geflochtenes Handnetz, womit der Fischer, auf der Spitze seines Kahnes stehend, förmlich Jagd auf die Fische macht; es heisst in der Mark und namentlich in ihren zahlreichen Kietzdörfern bis auf den heutigen Tag die Wade, ein Wort, welches mit dem slawischen wanda von gleicher Ab­stammung zu sein scheint.

8