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Kleine Mitteilungen.
zur guten Stunde“; ihm schloss sich ein von dem Vorsitzenden des Vereins Herrn Geh. Reg.-Rat Jacobs-Landsborg ausgebrachtes Hoch auf den Kaiser an, das begeisterte Zustimmung fand. Nachdem nunmehr Herr von Knobelsdorff in herzlichen Worten den Gästen namens der Stadt den Willkommens- gruss entboten hatte, hielt Herr Dr. van Niessen eine Ansprache. In launiger Weise schilderte er, welche Mittel hätten angewendet werden müssen, um die spröde Schöne Königsberg zu gewinnen, die so lange zurückgehalten, nachdem schon so viele Städte der Neumark dem Vereine sich angesehlossen hätten; endlich sei das 650jährige Jubiläum der Angelhaken geworden, an den der Fisch angebissen habe. Er trank auf das Wohl der Stadt Königsberg und gab später in Ergänzung seiner scherzhaften Ausführungen interessante geschichtliche Auseinandersetzungen, nach welchen es in hohem Maasse wahrscheinlich ist, dass 1243 thatsächlich das Geburtsjahr der Stadt Königsberg i. d. N. gewesen. Er wies zuvörderst die vielfach verbreitete Meinung zurück, dass Ottokar von Böhmen unsere Stadt gegründet habe; 1244 wird Königsberg in einer Urkunde über Nahausen genannt, war also wohl Stadt, da es als nächster grösserer Ort angeführt ist; den Namen hat ihm wahrscheinlich der mit dem Markgrafen verschwägerte König Wenzel von Böhmen gegeben, als im Jahre 1243 dem Markgrafen ein Thronfolger geboren wurde, und er zur Feier dieses Ereignisses in der Mark weilte.
Der Vortrag des Herrn Dr. Schw artz -Friedenau verstand es ein lebendiges, kulturhistorisches Bild von dem Leben der „Königsberger Bürgerschaft im 17. und 18. Jahrhundert“ zu entwerfen; wir sahen sie förmlich die lieben Königsberger Spiessbürger in ihrem ruhigen, bis ins Kleinste geregelten Leben, in ihrem freundnachbarlichen Verhältnisse zu den Schwesterstädten z. B. Sehönfliess, mit ihrem von wenigen Familien ausgeübten patriarchalischen Regiment. Wohl lebten sie in ihrer Weise glücklich, trotz oder vielleicht wegen ihrer beschränkten Verhältnisse; aber eins fehlt ihnen, der Blick für das Ganze. Erst der siebenjährige Krieg brachte es ihnen recht zum Bewusstsein, dass sie nur ein Glied eines grösseres Organismus seien, erst in einer Urkunde aus dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts hat bezeichnender Weise der Vortragende das Wort „Vaterland“ gefunden. Der sehr anregende Vortrag fand lebhaften Beifall, ebenso wie die musikalischen und deklamatorischen Spenden, die im bunten Wechsel mit den Ansprachen geboten wurden.
Am Sonntag den 10. September 1893 fand im „Deutschen Hause" die gemeinsame Sitzung des Gesamt- und des Orts-Vereins statt. Nach Erledigung der Geschäfte befürwortete Herr v. Knobelsdorff lebhaft eine grössere Selbständigkeit der Ortsgruppen. Man kam überein, dass dieselben, ohne den Zusammenhang mit dem Gesamtverein zu lösen, selbständig arbeiten und durch Veranstaltung öffentlicher Vorträge das allgemeine Interesse für den Verein rege erhalten sollten. Anhaltspunkte für die Art, wie bei den Arbeiten vorzugehen ist, wird Herr Dr. van Niessen, wie er auf eine Anregung des Herrn Dr. Peyser erklärte, in der nächsten Nummer der Mitteilungen des Vereins geben; schon vorher hatte er ersucht, eifrig auf Sagen, abergläubische Gebräuche u. dgl. zu fahnden, dieselben zu notieren und mitzuteilen. Im Archiv der Stadt Königsberg i. P. befinden sich aus der Ordens-