Heft 
(1894) 3
Seite
123
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Kleine Mitteilungen.

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Die Mittagsgöttin (Pschesponiza).

Eine Romanze aus dem Spreewalde.

Von Max Bittrich, Forst (Lausitz).

Der Habsuchts-Bauer zahlt sein Gold:

Von ferne her der Donner rollt.

So starr die Luft, so starr der Mann!

Der Geiz hält ihn in schwerem Bann.

Die Wetterwolken ziehen fort,

Kein Regen! Baum und Strauch verdorrt.

Der Bauer schlürft durch dürren Sand Und rudert hin im Sonnenbrand.

Die Ernte bringt er selber ein;

Nicht Knecht, nicht Magd darf bei ihm sein.

Er sichelt das Getreidemeer,

Die Sonne steigt, der Kopf wird schwer.

Die Luft erfüllt Libelln-Gesumm,

Nun geht die Mittagsgöttin um.

Und rührt sich sonst nicht eine Hand,

Des Habsuchtsbauers unverwandt.

Ha! Pschesponiza? Dummer Spuk!

Es war einmal! .... Altweiber-Trug!

Und als ers denkt und als ers spricht . . . . Was weht heran?Welch Traumgesicht! _

Der Sichel Gold blinkt in der Hand Und rauschend wallt ihr licht Gewand.

Das Haupt ist kornblumblau umrankt.

Der Mann erstarrt; er weicht und wankt.

Sie fragt Das Leben lässt als Preis,

Wer flugs nicht gute Antwort weiss.

Doch wer zwei Stunden sagt und spricht Vom Bau des Flachses, der stirbt nicht.

Er sprach und stammelte und sann; Verzehrend wird der Göttin Bann.

Die Sinne fliehn, die Hand wird matt,

Ein Röcheln! Eine Todtenstatt!

Die heilge Mittagszeit entweicht!

Von hinnen Pschesponiza schleicht.