Issue 
(1894) 3
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134 Bericht über die 10 Hauptversammlung der Niederlausitzer Gesellschaft etc.

sitzenden, Professor Dr. Jentsch-Guben, des früheren Vorsitzenden, Kreis- physikus Dr. Siehe - Kalau, Dr. Weineck - Lübben, Dr. Behla - Luckau, Lehrer Gander - Guben, Pastor Böttcher - Nieder Jeser, Oberprediger Krüger - Lieberose, Stadtrat Ruff und Dr. Pagé - Cottbus, Dr. Kade - Sorau. Auch einige Mitglieder derBrandenburgia zahlen zur Mitgliedschaft der Niederlausitzer Gesellschaft, so als Ehrenmitglieder: v. Levetzow, Friedel, Pr. Schwartz, v. Schulenburg und Paul Telge, der in der letzten Hauptversammlung zum Ehrenmitglied ernannt wurde.

Die diesjährige Hauptversammlung begann mit der Fahrt nach einer altgermanischen Wohnstätte in der Feldmark Zauchel. Ihre unzweideutigen Spuren finden sich in Gestalt von Steinlagern, Brandstellen, Urnenscherben, bearbeiteten oder in Feuer gewesenen Steinen u. dgl. auf einem von allen Seiten flach bis zu einer Hiigelspitze ansteigenden Gelände, das im Osten vom Zaucheler See begrenzt wird. Das etwa 20 Morgen grosse Gebinde muss noch in vorgeschichtlicher Zeit eine Insel im See gewesen sein, dessen frühere Ausdehnung jetzt durch Flugsandlagen bedeckt und verwischt ist. Die Unter­suchung der Wohnstelle hatte kaum begonnen, als ein starker stundenlang andauernder Regen eintrat, der die Fortarbeit wie auch Ausgrabungen auf dem zu der Wohnstätte gehörigen, 600 Schritt davon im Walde gelegenen Gräberfelde verhinderte. Der Schlossherr des nahe gelegenen Städtchens Pförten, Graf Brühl, ein Nachkomme des bekannten allmächtigen sächsischen Ministers aus der Zeit Friedrichs des Grossen, hatte der Versammlung die Kellerhallen des Schlosses geöffnet, in denen die berühmteste aller einheit­lichen alten Porzellan - Ausstattungen aufgestellt ist das Meissener Schwanen-Service, welches angeblich 17301738 für den russischen Hof gefertigt, dann aber vom Minister Graf Brühl übernommen und nach seinem neuerworbenen Schloss Pforten gebracht wurde. Es wird berichtet, dass dies Service, eine der grössten künstlerischen Leistungen der alten Meissener Porzellanfabrik, 2 1/2 Millionen Thaler gekostet hat und dass es im sieben­jährigen Kriege, in Kisten verpackt, in den Pförtener See versenkt worden ist, um es vor feindlicher Wegnahme zu bewahren. Das Charakteristische an diesem Service ist, dass an allen grösseren Stücken, darunter etwa 20 Tafel­aufsätzen und gegen 30 Terrinen, innerhalb ihrer Rokoko-Ornamentformen in allen möglichen Lagen der Schwan oder Schwanonkopf eingeflochten ist; ausserdem haben die grösseren Stücke auch das farbige Gräfl. Brühlsche Wappen. Im hiesigen Königl. Kunstgewerbe-Museum ist eine der Terrinen, die übrigens alle verschieden verziert und geformt sind, ausgestellt. Im Ganzen, einschliesslich der Messer und Gabeln mit Porzellan-Griffen, mögen es über 1000 Stücke sein. Im Schlosspark stehen noch sechs kunstvolle Marmorfiguren aus der Zeit des Ministers, alle mehr oder weniger verstümmelt und verwittert und an der nördlichen Schlosswand sind noch Kugelspuren aus der Zeit des dreissigjährigen Kriegs erkennbar. Pie in den oberen Teilen des Schlosses verwahrte Altertümer-Sammlung, darunter hauptsächlich vor­geschichtliche Funde aus der Herrschaft Pforten, konnte leider nicht be­sichtigt werden.

Der zweite Tag begann mit der Besichtigung der Stadtkirche von Forst, die 1001 erbaut ist und baugeschichtlich nichts Merkwürdiges bietet. Darin