184 Bericht über die 9. (5. ausserordentliche) Versammlung des 3. Vereinsjahres.
Schluss endlich konnten wir auch noch einen Blick in die Küche und in die Vorräume des Erdgeschosses werfen.
Im Grundriss hat das Gebäude die Form eines Rechtecks, dessen längste Seite von Nord nach Süd und dessen kürzere von Ost nach West gerichtet ist. Das Rechteck wird in der Mitte durch eine Linie von West nach Ost in zwei Teile geteilt, auf dieser Linie liegt der Sitzungssaal und links und rechts neben ihm zwei Höfe. Jede Ecke ist mit einem Turm flankiert. Die Hauptfront ist gegen den Königsplatz gerichtet. Sie zeigt in der Mitte eine mit mächtigem Giebel gekrönte Säulenvorhalle. Sechs Säulen von 15,6 m Höhe tragen den Giebel, welcher das Wappen des Reiches 6 m hoch von Hermelin umwallt und von zwei Kriegern bewacht, zeigt. Diese Komposition rührt von Schaper her. Der Giebel legt sich vor eine straff gegliederte mit Konsolenkranz und Maskenzinne abgeschlossene Attika, und aus dieser wachsen scharf polierte Sockel heraus, die zu Seiten je einen reich gezierten in der Kaiserkrone endigenden Aufbau, in der Mitte aber die vielgenannte Gruppe der Germania im Sattel tragen. Die von R. Schaper modellierte Gruppe ist in Kupfer getrieben. ln der Mitte auf edlem Ross, Schild und Banner haltend, die Germania, zu ihren Seiten, sie geleitend rechts ein lorbeerbekränzt heimkehrender Krieger, links die geflügelte Verkünderin des ruhmvoll erkämpften Friedens. Auch die Säulenhalle selber, zu welcher von der Auffahrt 46 Stufen hinaufführen, ist eigenartig geschmückt: links und rechts sind die Felder zwischen den äussersten Säulen mit einem bedeutsamen Schmuckstück versehen. Es sind hier Reliefs aufgeführt, Stammbäume vorstellend, an deren Zweige die Wappenschilde der Bundesstaaten hängen, und an deren Wurzeln die Grenzströme Rhein und Weichsel lagern. Zwischen ihnen hoch über dem Mitteleingang, reitet Ritter Georg, den Drachen der Zwietracht erlegend, der Ritter trägt die festen Züge des eisernen Kanzlers. Die Stammbäume rühren von Lessing her. Anders ist die gegenüberliegende Ostseite beschaffen. Hier ist im Mittelbau eine für den kaiserlichen Hof und den Bundesrat bedeckte Vorfahrtshalle hinausgebaut worden. Diese i st in ihrer Längswand durchbrochen durch drei grosse Bogen, in welchen die sitzenden Gestalten Bismarcks, Moltkes und Roons sich erheben sollen. Über den seitlichen Einfahrten sind von je zwei gepanzerten Kriegern beschirmte Reichswappen angebracht.
Das Charakteristische aber am Reichstagsgebäude sind die Ecktürme mit ihren Säulen. Das, was sie besonders dem Werke an Schönheit zubringen, sind die wundervollen Umrisslinien der Frontecken. Um dies zu erreichen sind die Hauptgesimsköpfe über den Freisäulen um 2,5 m weit vorgeschoben und über ihnen auf Sockeln ungefähr 4 m hohe von ihrem Hintergründe ganz frei abgelöste Figuren aufgestellt. Diese Figuren haben einen auf das Wesen des Gebäudes bezüglichen Gehalt