Heft 
(1894) 3
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Personalien-Nachrichten.

Unser Ehrenmitglied Theodor Fontane ist von der philo­sophischen Fakultät der hiesigen Universität am 28. November 1894 zum Ehrendoktor promoviert worden. Den äusseren Anlass zu dieser seltenen Ehrung, die der Dichter mit seinem Freunde Adolf Menzel teilt, bietet die am 30. Dezember bevorstehende Vollendung seines 75. Lebens­jahres. Die innere Begründung enthält das von Erich Schmidt entworfene, von Th. Mommsen in feierlichem Latein ausgeführte Diplom. Es gilt, wie die Voss. Ztg. berichtet,dem hervorragenden Dichter in Prosa und Vers, der Erbgüter der französischen Kolonie mit deutschen Geistesgaben zu eigentümlicher Anmut und Stärke schön vermählt; dem ausgezeich­neten Erzähler, der märkische Überlieferungen und Landschaften emsig durchforscht hat und nach reichen Bildern aus der Vergangenheit gegen­wärtiges Leben mit frischen Farben malt; dem verdienten Patrioten, der kriegerische, bürgerliche, litterarische Wandlungen des Vaterlandes und der Hauptstadt liebevoll und treu für die Nachkommen festgehalten und die Reihe autobiographischer Werke neulich als Siebziger durch die Geschichte seiner Kindheit mit der Frische der Jugend und der Reife des Alters abgeschlossen hat. Zur Überreichung dieses Diploms er­schienen in der Wohnung des Dichters der Dekan der philosophischen Fakultät Freiherr von Richthofen und der Ordinarius für deutsche Litteraturgeschichte Professor Erich Schmidt. Mommsen hatte sich der Abordnung anschliessen wollen, war aber durch Unwohlsein daran ver­hindert worden. Zunächst hielt Geheimrat v. Richthofen an den völlig überraschten Dichter die offizielle Ansprache. Von der Feierlichkeit, für die der Dichter ja nach einem seiner Verse keinen Sinn habe, leitete Erich Schmidt über zu einer mehr familiären Huldigung, indem er der Frau Doktor als nachträgliches Geschenk zu ihrem kürzlich gefeierten 70. Geburtstage den deutschen Wortlaut des Diploms in zierlichem Bändchen überreichte. Der Dichter nahm diese akademische Huldigung mit sichtlicher Freude und Rührung entgegen und dankte mit einfacher

Herzlichkeit.

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