Issue 
(1894) 3
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208
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208 Bericht über die 11. (3. öffentliche) Versammlung des 3. Vereinsjahres.

Aus fernstem Saum nur, schwarzbehaucht,

Ein düstersehnend Segel taucht,

Aufbrütesam zum Sternlein fein:

O wärst du meinl O wärst du mein!

(Franz Held.)

Nemt, Frouvve, disen Kranz betitelt sich der Liedesreigen, den ein Dichtervon Paus Gnaden Otto Julius Bierbaum, der mit der Frau sein Wigwam am Strand des Tegeler Sees aufgeschlagen, seiner jungen Gemahlin widmet.

Auf Scharfenberg im Sommersglanz Las ich in unseren Ehepsalter,

Dem lieben Vogelweiden-Walther:

Nemt, Frouwe, disen Kranz.

Von Walthers Gnaden wars ein Traum,

In bunte Zeit ein Purzelbaum

Der Traum von Scharfenberg liess mich auch wach nicht frei

Hier auf dem wogenumrauschten Eiland, wo unser verehrtes Mit­glied Carl Bolle, den klassischen Wald- und Feldgöttern, dem grossen Pan mit seinen Panisken, dem Satyr, dem Faun, den Dryaden und Hamadryaden und wie sie alle heissen die Naturkinder unter den alten Göttern, einen Tummel- und Tanzplatz geschaffen, da hat der Sänger von Pans Gnaden, unerkannt zunächst auch von dem Scharfenberger Einsiedler, auf der Syrinx schalmeit und Töne und Lieder geschaffen, wie sie bei den besten derModernen erklingen, zu denen Bierbaum neben dem Dichter unserer Motto-Verse Franz Held, und zwar als einer der Choragen gehört.

Als Heimatkundler und stets willkommene Gäste auf der grössten Tegeler Insel hören wir eine poetische Schilderung derselben mit Interesse und Wohlverstand:Ich Faulpelz, sagt Bierbaum, liege auf der Insel

der Seligen und lasse Verse steigen, wie die Kinder bunte Drachen steigen lassen und erlustiere mich zwischen den blühenden Herrlich­keiten aller Breiten, die ein sorgsam guter und wissender Freund der Natur mit Herbergsvatertreue hier heimisch gemacht hat auf einer stillen Havelinsel mitten in der Mark. Das ist so wundersam hier, dass das Fremde im Heimischen wie Heimisches steht, nicht etikettenbehangen und in Studierbeeten als Museumskuriosität, sondern wildschlicht unter dem, was uns gewöhnlich scheint und doch auch Wunder ist: Der Japandornbusch neben dem Johannisbeerstrauch, das Bambusbäumchen neben der Königskerze, der Borbeer am Stamm der Eiche. Und kein Wildling wird hier ausgerauft, nichts Lebendiges wird als Unkraut bekriegt, keine Gartenschulmeisterei schwingt den Bakel über der Natur.

Mich dünkt das hier ein guter Ort zu sein, recht in sich einzu­kräftigen, was Schönheit ist. Aber nur wer Liebe zu Allem hat, vermag das, und nur, wem ein Auge ist, das nicht schmält mit dem bösen Blicke des ewigen Corrigierens.