Issue 
(1894) 3
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Bericht über die 11. (3. öffentliche) Versammlung des 3. Vereinsjahres. 209

Drum ist diese Insel wie geschaffen für Poeten. Nur die Spatzen noch können sich, wegen der dreitausend Kirschbäume, hier so leb- glücklich fühlen, wie die Dionysiker der Beschaulichkeit, die sich durchs Auge berauschen und in Versen Schwarmgeistern.

Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass der grosse Pan, der ja auch ein Wald- und Wiesengott gewesen dermaleinst, auf Scharfenberg wohnt. Dort hinten, in dem dichten Schilfe nach dem Baumwerder zu, hab ich ihn jüngst leibhaft und ganz deutlich gesehen. Er schüttelte etwas unwirsch das Haupt-, weil Einer in Tegelort das Wonnelied der Berliner NähterinnenBehüt dich Gott, es war so schön gewesen auf einer sentimental blechernen Trompete blies!

Auch sonst kann man mancherlei auf Scharfenberg sehen, wovon sich die Neunmalweisen nichts träumen lassen. Es wachsen z. B. Ge­dichte dort auf hohen, durchsichtig grünen Stengeln. Man braucht blos die grossen roten Büschelblüten zu schütteln, und sie fallen heraus. Aber man muss schnell zugreifen; sonst zerwehen sie wie Samenkraut. Auch kann es Einem geschehen, dass man im Schatten unter einem grossen Ahornbaum mit seltsam fingerigen Blättern liegt, und plötzlich sieht man in hellster Sonne einen zartbunten Reigen von allerliebsten Mädchen sich drehen. Will man aber eins greifen von den süss- schnäbeligen Dingern, sind sie husch alle weg in der Sonne, und blos der schöne grosse Scharfenberger Pfau steht da im klirrenden Gepränge seines Rades und schreit nach dem Weibchen.

Das Leben lacht.

Der Wind geht weich,

Die Welt wird sacht Zum Himmelreich; .

Lass alle Brummer brummen,

Die Schönheit muss doch kummen!

Droben auf der Öd ist mir der Vers einmal angeflogen im März des vorigen Jahres, und heute meldete er sich mir wieder aus dem Rauschen der schlanken Scharlacheiche heraus, die auf Scharfenberg steht, oben auf dem Ausblickshügel, zu dem die schwarzgrüne Garde der hohen Wachholderbäume hinaufführt.*)

Da sitz ich nun und schreibe Dir diesen Brief, und ich sehe unterm Schreiben, zwischen dem grünen Laub- und Lärchenrahmen hindurch,

*) Berufsmässige, nicht angeborene, Pedanterie lässt mich einschalten, dass auf dem Hügel nur gewöhnliche Eichen stehn. Wohl aber wurzeln dort Fichten, schöne schlanke Nadelbäume, und die sind von jeher dem grossen Pan geweiht und geheiligt. Auch ist der mormonisch denkende Vogel der Juno polygam und schreit nicht nach dem Weibchen, sondern nach den Weibchen. Fr.