210 Bericht über die 11. (3. öffentliche) Versammlung des 3. Vereinsjahres.
an der Liebesinsel*) vorbei und über den leicht welligen See weg, drüben die hellen Pfeiler unseres Laubenganges aus dem dunkeln Grün von Mutter Bocks Garten blitzen, und ich ahne Dich dahinter, wie du es gewaltig wichtig hast in emsigen Hausfrauenpflichten.“
Was Pan nun auf der Hirtenflöte seiner Auserkornen vorspielt, das wollen unsere geneigten Heiinatskundlerinnen und Heimatskundler selber nachlesen. Wer sich in der Kürze von dieser ganzen auch in unserem lieben Lande Brandenburg erklingenden lyrischen Sangweise unterrichten will, der lese O. F. Bierbaum’s „Modernen Musenalmanach“, der im dritten Jahrgang erscheint. Einen anziehenden Vortrag Gustav Falke’s darüber enthält der von unserm Mitglied Emil Dominik vortrefflich redigirte „Neue Kurs“ in Nr. 48, Jahrg. 1894, S. 485 flg. Vgl. Nr. 9 der heutigen Verhandlungen.
Der Ausdruck „aufbrütesam“ in Franz Held’s Lido-Lied ist für „das heisse Bemühen, Unaussprechliches auszusprechen“, für diese ganze moderne Lyrik gewissermassen das Schlagwort und Stichwort geworden. In diesem Ringen liegt das eigentümlich Poetische und Anziehende, aber auch das Gefährliche der „modernsten“ Dichtung. Wenn der Dichter zum „Uebermenschen“ werden will, wie Friedrich Nietzsche, dann kann es ihm auch wie diesem bedauerlich ärmsten aller modernsten Philosophen ergehen. Stimmen wir auch in den Verdammungsruf wider die Modernen und Modernsten keineswegs schlechtweg ein, so hegt man gegenüber einigen sich zu dieser Schaar rechnenden zerfahrenen Dichterlingen allerdings wohl im stillen Kämmerlein den Wunsch, es möchte eine Panacee, ein Heil-Serum auch gegen die modernste „Dichteritis“ erfunden werden, das nicht bloss unschädlich machend, sondern auch prophylaktisch wirken sollte.
Die Thätigkeit und das dolce far niente des grossen Pan am und im Tegeler Gewässer hat sich schon mit bewundernswürdiger Schnelligkeit herumgesprochen; die Leute daselbst sprechen in ihrer Einfalt von den „Zigeunern“, die sich am See niedergelassen. Bierbaum ist zu menschenfreundlich und auch zu bewandert, um das übel zu nehmen. Märkische Kossäthen, Büdnerstöchter, Schiffer und Fischer wissen sich nicht anders auszudrücken und nennen „fahrendes Volk“, wie die Pane und Panisken schlecht und recht „Zigeuner“ oder „Tatern“. Sie meinen
*) Gemeint ist das Dr. Bolle ebenfalls gehörige kleine, mit einigen Erlen und Weiden bestandene Eiländchen „Lindwerder“, auf dem es allerdings, mit Bierbaum, zur linden Sommerszeit oft klingt:
„Rumpeldipum,
Prinz Amor geht um,
Vorm Aug’ eine Binden,
Kann doch Jede finden.“ —