Issue 
(1894) 3
Page
233
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

Kleine Mitteilungen. 233

Die u. a. dort vorgenommenen Untersuchungen über die phosphorsauren und arsensauren Salze führten ihn zur Entdeckung der Isomorphie der in Bezug auf die Quantitätsverhältnisse gleichartig zusammengesetzten chemischen Ver­bindungen. Die in ihrer weiteren Anwendung auf die Entwickelung der jungen Wissenschaft sehr wichtige Ent­deckung lenkte auf ihn die Aufmerksam­keit der fach wissenschaftlichen Welt, ins­besondere auch des damals bedeutendsten Chemikers, Berzelius in Stockholm, auf dessen Befürwortung er vom preuss.

Minister mit einem Stipendium zum zwei­jährigen Studium in Stockholm ausge­stattet wurde. Dort setzte er seine che­mischen Untersuchungen fort, benutzte auch die Gelegenheit, in den alten Berg­werken von Falun die bei der dortigen Kupfergewinnungsmethode vor sicli ge­henden chemischen Prozesse festzustellen, worüber er nach seiner Kückkehr in der Königl. Preuss. Akademie der Wissen­schaften einen, seinen Ruf vergrössernden Bericht vortrug. Die Akademie wählte ihn gleich darauf, 1821, zu ihrem Mit­glied, 1822 wurde er zum ausserordent­lichen, 1825 zum ordentlichen Professor der Chemie ernannt. Während er seine chemischen Untersuchungen erfolgreich fortsetzte, auch sein grossesLehrbuch der Chemie schrieb, kam er auch auf dem Gebiet der organischen Chemie zu sehr wichtigen Ergebnissen. U. a. stellte er zuerst die Zerlegungsprodukte der Benzoesäure als Kohlensäure und Benzol fest und indem er das Letztere mit Salpetersäure behandelte, erfand er das Nitrobenzol, diesen Grundstoff für die später von Ilofmann und anderen Chemikern weiter entwickelten Anilinfarben, mit deren Her­stellung sich heute eine grosse Industrie befasst und deren Verwendung sich verfolgen lässt von den Handelsgeschäften und Färbereien an bis in alle Paläste und Hütten.

Die Vorteile, welche die Wissenschaft selbst aus den Arbeiten und Entdeckungen Mitscherlichs zog, werden von den Fachmännern aufs höchste anerkannt. Neue Theorien, insbesondere über die Verhältnisse der chemischen Verbindungen, die Atome, die Substitution u. s. w., bauten sich auf und Klarheit kam in das Dunkel so vieler ungelöster Fragen.

In der Reihe der grossen Forscher, welche in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Berlin wirkten, ist Mitscherlich einer der Verdientesten und mit Recht ist seinem Standbild ein Platz zugewiesen, in dessen Nachbar­schaft die beiden Humboldts verewigt sind und wo noch Raum ist für weitere wissenschaftliche Koryphäen jener Zeit. Buchholz.